Continental wird zum reinen Reifenproduzenten. Im Autozulieferbereich machten die Hannoveraner jahrelang Verlust. Nun ist die Sparte unter dem Namen Aumovio selbstständig. An der Börse kommt sie gut an.

Der von Continental abgespaltene Autozulieferer Aumovio ist mit einem Börsenwert von 3,5 Milliarden Euro in die Selbstständigkeit gestartet. Der erste Kurs wurde an der Frankfurter Börse mit 35 Euro festgestellt und kletterte bis auf 35,86 Euro.

Conti-Aktionäre hatten für je zwei ihrer Papiere zusätzlich eine Aumovio-Aktie in ihr Depot gebucht bekommen. "Es ist für uns eine Riesenchance, unser Schicksal in die eigene Hand zu nehmen", sagte Aumovio-Chef Philipp von Hirschheydt zum Börsenstart. Der Vorstand könne sich nun ganz auf das Geschäft mit der Autoindustrie konzentrieren und besser mit den Risiken am Weltmarkt wie Kriegen und Handelsbarrieren umgehen.

Aumovio ist in diesem Jahr der erste Börsenneuling im streng regulierten Prime Standard am deutschen Aktienmarkt. Für einen Tag ist die Aktie des Frankfurter Unternehmens wie die des Mutterkonzerns Continental im Leitindex Dax notiert. Das ist bei Abspaltungen üblich, auch um Index-Investoren die Chance zu geben, die ins Depot gebuchten Aktien geregelt zu verkaufen. Zum ersten Kurs wäre Aumovio ein Kandidat für den Nebenwerteindex MDax.

Schaeffler-Eigentümerfamilie ist Hauptaktionär

Hauptaktionär ist wie bei Conti die Eigentümerfamilie von Schaeffler, die 46 Prozent hält. Continental rückt in der obersten Börsenliga mit der Abspaltung zunächst weiter nach hinten. Die Papiere wurden mit 58,28 Euro gehandelt. Am Mittwoch, dem letzten Handelstag vor der Abspaltung, hatten sie bei 72,98 Euro geschlossen. Für die Aktionäre hat sich die Abspaltung damit gelohnt: Der Wert ihres Portfolios hat sich um mehr als vier Prozent erhöht.

Der Hersteller von Bremsen und Sicherheitssystemen, Fahrzeug-Software, Displays und Elektronik war bisher das größte Geschäftsfeld von Continental. Der Konzern aus Hannover wird zum reinen Reifenproduzenten, wenn er auch die zum Verkauf stehende Sparte ContiTech losgeworden ist. Damit wird Conti profitabler, denn das Reifengeschäft ist mit 13 Prozent Marge die Ertragsperle.

In der Autozulieferung schrieb Continental dagegen unter dem Strich jahrelang Verlust. Aumovio-Chef von Hirschheydt peilt langfristig eine operative Rendite von 6 bis 8 Prozent an. Im vergangenen Jahr waren es 2,5 Prozent bei 19,6 Milliarden Euro Umsatz, in der ersten Hälfte dieses Jahres 2,7 Prozent. Die Zielmarke für den Umsatz liegt auf längere Sicht bei mehr als 24 Milliarden Euro.

Das Ergebnis sei "noch ausbaufähig", räumte er auf dem Frankfurter Parkett ein. Aumovio müsse eines der effizientesten Unternehmen der Branche werden: "Wir müssen zusehen, dass wir wirklich wettbewerbsfähig sind." Zulieferer wie Autobauer stecken in der Krise: durch eine schwache Nachfrage in Europa, den harten Konkurrenzkampf in China und hohe Importzölle der USA. Außerdem belasten die milliardenschweren Investitionen in Elektromobilität. Sie rechnen sich noch nicht, weil der Umstieg auf Elektroautos langsamer geht als erwartet.

Conti hat bereits eine Rosskur mit dem Abbau tausender Arbeitsplätze durchlaufen. Aumovio zählt mehr als 86.000 Beschäftigte an über 100 Standorten in 25 Ländern weltweit. Vor fünf Jahren waren es bei Continental Automotive noch mehr als 100.000. Der Personalabbau sei noch nicht abgeschlossen, sagte von Hirschheydt. Das Unternehmen müsse sich weiter verschlanken. Unter anderem ist das Ende der Werke Schwalbach und Wetzlar in Hessen bis Ende des Jahres besiegelt.

Als Mitgift bekam Aumovio von Continental 1,5 Milliarden Euro Barmittel und musste, abgesehen von Pensions- und Leasingverbindlichkeiten, keine Finanzschulden übernehmen. Ein Risikofaktor sind aber die Folgen eines Qualitätsproblems mit einem an BMW gelieferten Bremssystem. Der Autobauer könnte wegen kostspieliger Rückrufe und Lieferstopps hohen Schadenersatz fordern.

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