Es ist die nächste Hiobsbotschaft für die deutsche Wirtschaft: Die Unternehmen haben ihre Produktion im August so stark gedrosselt wie seit Beginn des Ukraine-Kriegs im März 2022 nicht mehr. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 4,3 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.

Dies ist der größte Rückgang seit dem russischen Angriff auf die Ukraine. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Minus von einem Prozent gerechnet, nach plus 1,3 Prozent im Juli. „Das ist ein erneuter heftiger Schlag für die deutsche Konjunktur“, sagte LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch. „Für das dritte Quartal wird damit ein erneuter Rückgang der Wirtschaftsleistung wahrscheinlicher.“

Statt eines „Herbstes der Reformen“ drohe jetzt ein „Winter unseres Missvergnügens“, warnte Ökonom Niklasch. „Derzeit fällt es zunehmend schwerer, unseren nach wie vor positiven Ausblick für 2026 zu begründen.“

Auch das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, insgesamt signalisierten die jüngsten Frühindikatoren eine noch schwache Konjunkturentwicklung im dritten Quartal 2025.

„Die Industrieproduktion ist im August vor allem deshalb eingebrochen, weil die Werksferien bei den Autobauern zumeist in diesen Monat fielen und es außerdem Produktionsumstellungen gab“, erläuterte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Die Autoindustrie verbuchte ein Produktionsminus von 18,5 Prozent. „Abgesehen von diesem Sondereffekt bewegt sich die Industrieproduktion seit rund einem Jahr in der Grundtendenz seitwärts, nachdem sie vorher sechs Jahre im Trend gefallen war“, sagte Krämer.

Eine schnelle Erholung sei unwahrscheinlich, weil das Neugeschäft bestenfalls eine Bodenbildung zeige. „Wir rechnen erst für das kommende Jahr mit einer stärkeren Belebung, wenn die Bundesregierung ihre Ausgaben schuldenfinanziert massiv erhöht und die Konjunktur anfacht.“

Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK-Institut sagte, das Produktionsminus sei „weniger katastrophal als die blanken Zahlen vermuten lassen“. In den kommenden Monaten sei mit einem Anziehen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage mit einer gewissen Stabilisierung der Industrieproduktion zu rechnen. „Da sich allerdings die globalen Rahmenbedingungen mit der zunehmenden handelspolitischen Abschottung der USA und der industriepolitisch geförderten Konkurrenz grundlegend verschoben haben, wird es für die deutsche Industrie schwer sein, zum Produktionsniveau von 2021 zurückzukehren.“

Neugeschäft schwächelt vierten Monat in Folge

Die Industrie allein stellte im August 5,6 Prozent weniger her als im Vormonat. Zudem schwächelt das Neugeschäft: Die Bestellungen sanken im August um 0,8 Prozent und so das vierte Mal in Folge. Eine ähnlich lange Durststrecke hatte es zuletzt Anfang 2022 gegeben – zu Beginn des Ukraine-Kriegs. Die Energieerzeugung nahm im August um 0,5 Prozent ab und die Baubranche steigerte ihre Produktion um 0,6 Prozent.

Führende Institute haben zuletzt ihre Wachstumsprognosen für Europas größte Volkswirtschaft gesenkt. Sie trauen Deutschland 2025 nur noch ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent zu. In den nächsten beiden Jahren dürfte es stärker nach oben gehen – aber auch nur dank der massiven staatlichen Mehrausgaben für Infrastruktur und Verteidigung.

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