Eineinhalb Jahre lang hatte eine 80-köpfige Arbeitsgruppe der Lufthansa gemeinsam mit externen Beratern, Designern und Köchen im Verborgenen am Projekt „Fox“ gearbeitet. Am Donnerstagabend lüftete Airline-Chef Jens Ritter nun das Geheimnis, wie die Fluggesellschaft ab kommendem Jahr ihre Gäste in der Luft bewirten will. Die an den neuen Service geknüpften Ambitionen sind groß.
„Wir wollen die Nummer 1 Premium-Airline in Europa werden“, sagt der CEO. Und setzt in seiner Strategie gezielt auf nationale Identität. Auf deutsches Bier, deutsches Brot – und deutsche Wurst.
So soll auf Langstreckenflügen der Lufthansa künftig der unverkennbare Geruch von Currywurst durch die Kabine wehen. Und zwar der besten Currywurst Deutschlands und damit der Welt. Dies behauptet zumindest Lufthansa-Catering-Chef Olaf Mauthe.
Bei der Wurst, die ab kommendem Jahr erstmals von der Airline angeboten wird, handle es sich um die Kreation des in Currywurst-Kreisen bekannten Metzgers Dönninghaus, der auch die Stadionwurst für den Fußballverein VfL Bochum zubereitet. Während die für ihren Geschmack gerühmte Wurst im Ruhrstadion für alle Fans erhältlich ist, wird sie in den Lufthansa-Fliegern allerdings nur Passagieren von Business Class aufwärts zur Verfügung stehen, serviert auf Porzellan in Pommesschalen-Form.
Zur Präsentation des neuen Board-Services hatte Airline-Chef Ritter im sogenannten „Flying Lab“ der Lufthansa in Raunheim unweit des Frankfurter Flughafens gute Zahlen und gehobene Kost mitgebracht. Die Abflugpünktlichkeit sei um 10 Prozentpunkte gestiegen, die Zahl der verspätet angekommenen Koffer um 42 Prozent gesunken und die zuletzt verlustreiche Vorzeige-Airline wieder auf dem Weg in die Gewinnzone, berichtete der Chef der wichtigsten Airline-Gruppe innerhalb des Lufthansa-Konzerns. Dazu tischte er kleine Portionen Parmesanmousse, Short Ribs vom Rind und Schokoladenschnitten auf – eines der neuen Bordmenüs in der Business-Klasse, nach Rezepten von Johann Lafer.
Die mit dem TV-Koch entwickelte Speisenfolge ist Teil einer umfassenden Qualitätsoffensive, mit der die Lufthansa ihr angeschlagenes Image wieder aufpolieren möchte. Im kommenden April begeht die Airline den 100. Tag ihrer Gründung.
Jubiläum als Wendepunkt
Das Jubiläum soll für die Airline einen Wendepunkt markieren und wird groß begangen, mit sechs Jets in Sonderlackierung und Feierlichkeiten im neu gebauten Besucherzentrum in Frankfurt. Und rechtzeitig zum Fest soll nun auch die immer wieder verzögerte Produkt-Modernisierung sichtbar werden.
Flugzeug für Flugzeug wird derzeit die Langstreckenflotte mit einer neuen Inneneinrichtung namens „Allegris“ ausgestattet. Die Flughafen-Lounges werden modernisiert. Am Frankfurter Airport wurde zudem in dieser Woche ein neuer Check-in-Bereich für Status-Kunden eröffnet, mit Duschen, Lounge-Möbeln und angenehmer gestalteten Sicherheitskontrollen.
Vor allem aber soll die Premium-Offensive beim Service in der Kabine sichtbar werden. Denn die Kundenzufriedenheit von Fluggästen, das zeigen Befragungen, hängt messbar neben der Pünktlichkeit vor allem davon ab, wie gut oder schlecht es ihnen an Bord gemundet hat. Hier will die Lufthansa ansetzen.
„Wir werden das gastronomische Erlebnis in allen Klassen massiv aufwerten“, sagt Heiko Reitz, der das Projekt „Fox“ als Chief Commercial Officer beaufsichtigt hat. In der Economy-Klasse gibt es künftig ein drittes Gericht zur Auswahl, für die First hat der Catering-Partner Gate Gourmet Köche angeheuert, die in Michelin-Stern-prämierten Restaurants geschult wurden.
Doch im Mittelpunkt der Kundenbindungs-Offensive steht Reitz zufolge das Bemühen um eine „kulinarische Wiedererkennbarkeit“, die die Lufthansa von allen anderen Premium-Airlines der Welt abheben soll – durch Speisen und Getränke, die als typisch deutsch wahrgenommen werden.
Zur erwähnten Wurst will die Lufthansa ein erweitertes Bier-Angebot mit an Bord nehmen. Zu Beck’s und Erdinger-Weißbier kommt ein Helles der Tegernseer-Brauerei, von Zeit zu Zeit soll sich noch ein Craft-Bier dazu gesellen. Mit einem täglich frisch gebackenen Brot vom Bäckermeister Axel Schmitt will man deutsche Brotkultur um die Welt fliegen.
Zum Nachtisch sollen Kuchen und Torten deutsches Heimatgefühl vermitteln. Aufgetischt wird das alles auf schicken neuen, schwarzen Tabletts und einer neu entwickelten Besteck- und Geschirrserie, natürlich ebenfalls aus deutscher Herstellung durch die Porzellanfabrik Schönwald.
Mit ihrer ostentativen Heimatpflege zielt die Lufthansa allerdings weniger auf den Nationalstolz ihrer deutschen Passagiere, sondern auf ihre internationale Kundschaft. Drei von vier Tickets verkauft die Airline bereits im Ausland, an Bord von USA-Flügen sitzen heute mehr Amerikaner und italienische Auswanderer als Deutsche.
Die Marke Lufthansa hat aufgrund ihrer langen Historie auch in den USA eine große Bekanntheit und wird, so zumindest die Hoffnung beim Kranich-Konzern, noch immer mit angeblich deutschen Werten wie Pünktlichkeit und Verlässlichkeit verbunden. Diese Assoziation will man nun verstärken. Dafür hat man sogar den Markenauftritt überarbeitet und tritt im Ausland stolz als „Lufthansa German Airlines“ auf.
Eingeführt wird „Fox“ ab März kommenden Jahres zunächst in der First Class und dann sukzessive Klasse für Klasse. In logistischer Hinsicht sei die Umsetzung „eine der größten Anstrengungen in unserer Geschichte“, sagt Vorstand Reitz. Die Küchenflächen in Frankfurt und München würden für den erweiterten Service verdoppelt und um 90 Mitarbeiter ergänzt, darunter um 30 zusätzliche Köche. 187 Millionen Bord-Artikel müssten im kommenden Jahr ausgetauscht werden.
Allein die neuen Hauptgang-Teller der Business Class ergäben einen Turm von 2400 Metern Höhe, bemüht sich Reitz bei der Präsentation in Raunheim um Veranschaulichung. Übereinander gestapelt, würde sich das neue deutsche Lufthansa-Porzellan also fast zehnmal so hoch wie die Frankfurter Skyline türmen. Wenn das mal kein Glück bringt.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“ geschrieben.
Steffen Fründt ist Wirtschaftskorrespondent der WELT-Gruppe und berichtet über Luftfahrtbranche, Tourismus sowie Fahrrad- und Sportindustrie.
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