Zum Schluss der Reise von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) nach Israel wird es emotional. Am Ort des Nova-Festivals, wo am 7. Oktober 2023 Terroristen der Hamas mehr als 360 Menschen brutal ermordeten, trifft sich die Ministerin mit zwei Frauen, die von den Massakern berichten.
Besonders ergreifend ist das Gespräch mit Gitit Butra, einer Überlebenden der Attacken. Sie stammt aus Sderot an der Grenze zum Gaza-Streifen und berichtet der deutschen Politikerin, wie sie sich am 7. Oktober mit ihrer vierjährigen Tochter im Schutzraum ihres Hauses versteckt hat. Wie sie Panikattacken bekam und ihrer Tochter den Mund zuhielt, damit sie nicht bemerkt würden.
Über Stunden zogen 60 Terroristen der Hamas durch den Ort und töteten Frauen, Männer, Kinder. Reiche hört aufmerksam zu, fragt, wie es ihrem Kind heute geht. Schließlich umarmt die Ministerin sie.
Die beiden Frauen stehen neben dem Porträt der deutschen Shani Louk, deren Leichnam die Terroristen nach Gaza gebracht und geschändet – und TV-Bilder davon in alle Welt verbreitet hatten. Auf der Gedenkstätte gibt es Bilder aller Opfer, mit sehr persönlichen Texten über deren Leben. Freunde, Verwandte, Schüler und junge Soldaten sind an diesem Nachmittag dort zum Trauern. Große Pfützen stehen unter den Porträts und den getöpferten roten Mohnblumen, die als Symbol dort „gepflanzt“ sind.
Die Ministerin hat diesen Ort bewusst gewählt für den Abschluss ihrer zweitägigen Reise. Dort, wo die Bühne des Festivals stand, macht sie deutlich, dass sie persönlich fest an der Seite Israels steht. „Ich verneige mich vor dem israelischen Volk, das erneut die Kraft finden muss, aus dieser tiefen Wunde heraus zu Optimismus zu kommen und sich mit Versöhnung zu beschäftigen – allerdings nicht mit jenen, die den Terror ins Land schleppen“, sagt sie ernst.
Der 7. Oktober habe sich als Thema durch alle Gespräche mit Politikern, Unternehmern und Investoren gezogen. „Es muss uns Aufgabe und Verpflichtung sein, uns entschlossen gegen jede Form von Antisemitismus zu wenden“, sagt sie.
Start-ups aus dem Militär
Auch an anderen Stationen der Reise hat sie diese Grundhaltung immer wieder betont und ihre Erschütterung über den Anschlag am Bondi Beach in Sydney zum Ausdruck gebracht. „Es macht etwas mit mir als Mensch, als dreifache Mutter, wenn einem Minister sagen, dass es mittlerweile so ist, dass Juden auf der ganzen Welt gejagt werden. Das kann uns keine Sekunde gleichgültig sein“, sagt sie nun auf der Nova-Gedenkstätte. Gleichwohl beeindrucke sie die israelische Kreativität und der Wille, erfolgreich zu sein. Sie erwähnt auch, dass viele Start-ups aus dem Militär heraus entstehen – was es in Deutschland praktisch nicht gibt.
Dass Deutschland während des Gaza-Kriegs die Rüstungsexporte nach Israel eingeschränkt hatte, passt nicht in diese sehr konsequente Linie. Nachdem Kanzler Friedrich Merz (CDU) den Exportstopp aber beschlossen hatte, musste ihn Reiches Wirtschaftsministerium umsetzen.
Nun, nach dem Waffenstillstand mit der Hamas, sind die Beschränkungen wieder aufgehoben. Allerdings müssen Rüstungsexporte immer im Einzelfall geprüft werden, was die Lieferungen derzeit offenbar verzögert. Auf Nachfrage sagte Reiche dazu, sie werde sich persönlich dafür starkmachen, dass Israel alle Güter bekomme, die es brauche. „Die Prüfungen sind wichtig, aber am Ende muss sich Israel auf uns verlassen können.“
Umgekehrt verlässt sich auch die Bundeswehr auf Israel. Die Deutschen bekommen als erste Europäer das Raketenabwehrsystem Arrow 3 geliefert, das eine Lücke in der Luftabwehr schließen soll. Und es ist Reiches Absicht, die Beziehungen auch im Bereich der Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie zwischen den Ländern zu stärken.
Auf einem Empfang zum 60. Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen in Tel Aviv spricht sie vormittags davon, Israel noch stärker als Lieferanten von Cybersicherheit zu nutzen. In ihrer 20-köpfigen Wirtschaftsdelegation kommen solche Äußerungen gut an, dort sind auffallend viele Vertreter von Rüstungsunternehmen vertreten.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzcenter von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.
Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur in Berlin und berichtet für WELT über Wirtschafts- und Energiepolitik, Digitalisierung und Staatsmodernisierung.
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