Wie wird Deutschland ein besserer Innovationsstandort? Carsten Puschmann fordert einen Mentalitätswechsel. Im Podcast "So techt Deutschland" spricht der Unternehmer über die Unterschiede zwischen Deutschland und den USA und seine ersten Gründungserfahrungen.
Während Startups in den USA bereits in der Ideenphase großzügig finanziert werden, dominieren in Deutschland Skepsis und Vorsicht - das kritisiert der Unternehmer Carsten Puschmann, der selbst viel in den USA unterwegs und aktiv ist. Der Zugang zu Kapital sei komplizierter, die Mentalität defensiver und die Bürokratie eine echte Wachstumsbremse, sagt Puschmann im ntv-Podcast "So techt Deutschland". Gleichzeitig sieht er in Deutschland großes Potenzial: leistungsstarke Universitäten, starke Köpfe und viele technologische Ansätze, die international gefragt sind - bislang aber oft im Ausland zur Anwendung kommen.
Puschmann sieht sich nicht als Investor, sondern als Unternehmer. Bereits als Jugendlicher hat mit der selbst organisierten Schülerzeitung X-Pect zehn Millionen D-Mark Umsatz erzielt. Heute investiert er gemeinsam mit anderen Family-Offices gezielt in Frühphasen-Startups - in Deutschland, aber auch in den USA: "Fundraising und Exit-Szenarien sind in den USA leichter. Du kriegst in Amerika mit der gleichen Idee und mit dem gleichen Team das zehnfache Geld zu der zehnfachen Bewertung."
Trotzdem bleibt Puschmann überzeugt vom hiesigen Ökosystem: "Ich finde Deutschland total geil." Es brauche jedoch oft mehr Mut. Viele Startups entwickelten laut Puschmann ihre Geschäftsmodelle inzwischen direkt mit Blick auf einen US-Exit. Eine europäische Kapitalmarktunion sei deshalb überfällig. Stattdessen dominierten hierzulande Fragmentierung und Bürokratie. "Ich habe Leute gefunden, die sagen: Ja, wir hätten überlegt, nach Deutschland zu kommen, aber wir können nicht zwei Jahre auf ein Visaverfahren warten."
"Ich finde Deutschland total geil"
Mit Blick auf die technologische Entwicklung sagt Puschmann: "Im Silicon Valley gibt es kein Funding mehr ohne KI-Strategie." Für den Investor ist klar, dass die KI-Revolution kommen wird, und zwar mit enormer Geschwindigkeit. "Manche Leute sagen, dass 80 Prozent aller digitalen Jobs wegfallen werden", erklärt er. Entscheidend sei, wie man darauf reagiere.
Dass es in Deutschland an Gründergeist und Innovationskraft fehlt, glaubt Puschmann jedenfalls nicht: "Das Geile an Deutschland: Wir haben hier top Unis, wir haben richtig smarte Leute, wir haben echt coole Brains."
Tatsächlich zeigen aktuelle Zahlen eine leichte Erholung für das vergangene Jahr: 7,4 Milliarden Euro Wagniskapital wurden investiert - vier Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders stark war der Bereich Künstliche Intelligenz mit 1,8 Milliarden Euro, darunter die Rekordrunde des bayerischen Startups Helsing mit 450 Millionen Euro. Erstmals überholte Bayern Berlin als Investitionsstandort.
Was es laut Puschmann jetzt braucht: politische Stabilität, weniger Bürokratie und mehr Zutrauen in das eigene Land: "Wir brauchen in Deutschland ganz dringend einen Mindset-Shift".
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