Baustellen mit wenig Lärm und ohne Dieselgestank, in Zukunft wird das vermutlich der Normalfall sein. Zeppelin Power Systems, ein Tochterunternehmen des Friedrichshafener Zeppelin-Konzerns, bringt dafür ein wichtiges Zubehör an den Markt. In Hamburg weihte der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Donnerstag gemeinsam mit Zeppelin-Konzernchef Matthias Benz, weiteren Zeppelin-Managern und Gästen ein mobiles Brennstoffzellensystem ein.

Die Demonstrationsanlage, die in einem Container installiert ist, stellt mit insgesamt 26 Kilogramm Wasserstoff und einer Spannung von 800 Volt eine Leistung von 430 Kilowattstunden zur Verfügung. Zeppelin Power Systems will das System in verschiedenen Größen weiterentwickeln, zum Beispiel auch mit einem eigenen Trailer, der neben der Brennstoffzelle, den Armaturen und der Batterie einen Speicher mit 500 Kilogramm Wasserstoff trägt. „Wir werden eine wasserstoffbasierte Wirtschaft haben“, sagte Konzernchef Benz. „Wasserstoff wird vom ,Champagner‘ zum ‚Tafelwein‘ der Wirtschaft und der Energieversorgung werden.“

Um die heutzutage noch hohen Preise für Wasserstoff zu senken, muss die Nachfrage schnell steigen. Zugleich arbeiten Hersteller von Elektrolyseanlagen wie Siemens Energy daran, die Kosten für die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu senken. Das allerdings hängt auch vom jeweiligen Strompreis ab. Ideale Bedingungen für die Herstellung von Wasserstoff und dessen Derivaten Ammoniak und Methanol herrschen in wind- und sonnenreichen Gebieten, wo Strom aus Wind- und Solarparks zu weiter fallenden Preise gewonnen wird.

Mobile Brennstoffzellensysteme sind nicht neu, in der Raumfahrt oder auch auf U-Booten der Deutschen Marine werden sie seit Jahrzehnten genutzt. In Brennstoffzellen werden – umgekehrt zur Elektrolyse – Wasserstoff und Sauerstoff wieder zu Wasser zusammengeführt, dabei entstehen neben dem Wasser auch Strom und Wärme. Zeppelin Power Systems hat mit seinem neuen System eine Reihe von Märkten im Blick, vor allem auch den riesigen Weltmarkt der Baustellen. „Die Elektrifizierung der Baustellen schreitet voran. In manchen Ländern wie Norwegen ist der Einsatz elektrischer Baumaschinen für bestimmte Zonen bereits vorgeschrieben“, sagt Yan-Leon Reinecke, Projektingenieur bei Zeppelin Power Systems, der an der Entwicklung des Brennstoffzellensystems mitgearbeitet hat.

Interessant sei die Stromversorgung per Brennstoffzelle vor allem dort, wo es keinen oder nur einen komplizierten Zugang zum Stromnetz gebe, sagt Reinecke. „Mit Wasserstoff können wir deutlich mehr Energie speichern als in Batterien.“ Elektrisch betriebene Baumaschinen wiederum werden bereits seit Jahren vermarktet, von kleinen Geräten bis hin zu schweren Baggern, Radladern oder Muldenkippern. Seit mehr als 70 Jahren arbeitet Zeppelin als in Europa wichtigster Vertriebspartner mit dem US-Konzern Caterpillar zusammen, dem Weltmarktführer bei Baumaschinen. Caterpillar stellt bereits eine Reihe von Elektromodellen her.

Interessant ist die dezentrale Stromversorgung mit Wasserstoff aber auch zum Beispiel für Festivals, auf Binnenschiffen, in der kritischen Infrastruktur oder für Abnehmergemeinschaften von Strom abseits von Ballungszentren. „Wir sind weltweit in einer riesigen Transformation, und Wasserstoff ist ein großer Teil der Lösung, wenn es um eine weitreichende Elektrifizierung von Systemen geht“, sagte Tschentscher. Hamburgs Regierungschef ist daran interessiert, das jetzt bereits umfangreiche Netzwerk von Unternehmen in der Hansestadt zu vergrößern, die am Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft arbeiten.

Das Hamburger Unternehmen Mabanaft etwa, das seit Donnerstag neu als MB Energy firmiert, will in großem Stil Ammoniak importieren und den darin enthaltenen Wasserstoff gemeinsam mit einem Partnerunternehmen im Hamburger Hafen extrahieren und ihn vermarkten. Für die Versorgung der Hamburger Industrie und Wirtschaft wiederum baut das städtische Unternehmen Hamburger Energienetze derzeit ein zunächst 40, später 60 Kilometer langes Wasserstoffnetz auf.

Zeppelin-Konzernchef Benz erinnerte daran, dass es in Hamburg schon einmal einen „Wasserstofftermin“ des Unternehmens gemeinsam mit einem Ersten Bürgermeister gegeben hatte. Am 19. September 1912 flog das Luftschiff LZ 13 „Hanse“ vom Luftschiffhafen Hamburg-Fuhlsbüttel nach Kopenhagen und am selben Tag zurück. Es war weltweit einer der ersten kommerziellen Passagierflüge überhaupt. Mit dem Absturz des Zeppelins „Hindenburg“ am US-Flughafen Lakehurst am 6. Mai 1937 ging zwar die Ära der von Wasserstoff getragenen Luftschiffe zu Ende. Doch hatte Wasserstoff die Menschheit in den davor liegenden 30 Jahren ganz wesentlich überhaupt erst zum Fliegen gebracht.

Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Er berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten über die deutsche und die internationale Energiewirtschaft.

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