Schon in der Opposition beklagt vor allem die CDU die vermeintlich geringe Lust der Deutschen, zu arbeiten. Eine aktuelle Studie scheint dies zu untermauern. Im OECD-Vergleich liegt Deutschland auf dem drittletzten Rang. Dabei haben die Deutschen mehr Stunden geleistet als je zuvor.

Die Deutschen arbeiten laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) deutlich weniger Stunden als die Bewohner der meisten anderen Wirtschaftsnationen. Demnach kam Deutschland 2023 auf rund 1036 geleistete Arbeitsstunden je Einwohner im Erwerbsalter zwischen 15 und 64 Jahren, wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf die Studie schreibt. Im Vergleich aller OECD-Länder ist das der drittletzte Platz.

Nur in Frankreich mit rund 1027 Stunden und Belgien mit rund 1021 Stunden wurden weniger Arbeitsstunden geleistet als in Deutschland, heißt es laut "Bild am Sonntag" in der Studie. Am meisten wurde demnach in Neuseeland gearbeitet (rund 1402 Arbeitsstunden), gefolgt von Tschechien (rund 1326 Stunden) und Israel (rund 1312 Stunden).

Dabei arbeiteten die Deutschen 2023 mehr als noch vor zehn Jahren: 2013 waren es rund 1013 Arbeitsstunden je Einwohner im Erwerbsalter. "Im Vergleich zu den 1970er-Jahren arbeiten wir weniger, aber seit der Wiedervereinigung arbeiten wir tendenziell immer etwas mehr", sagte IW-Arbeitsmarkt-Experte und Studien-Autor Holger Schäfer der "Bild am Sonntag".

IW: Fachkräfte werden immer rarer

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte kürzlich gefordert, die Deutschen müssten wieder mehr arbeiten. IW-Präsident Michael Hüther sagte der "Bild am Sonntag": "Wir alle erleben den Fachkräftemangel schon jetzt tagtäglich: Restaurants haben häufiger geschlossen als früher, Pflegekräfte sind überarbeitet, weil sie zu wenige Kolleginnen und Kollegen haben. Ähnlich sieht es in Kitas und kleinen Handwerksbetrieben aus." Bis zum Ende des Jahrzehnts würden Deutschland "rund 4,2 Milliarden Arbeitsstunden" fehlen, warnte Hüther.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts erreichte die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden 2024 allerdings mit mehr als 61,3 Milliarden einen Höchstwert. Nur vier Jahre zuvor lag dieser um mehr als zwei Milliarden Arbeitsstunden niedriger. Auch die Zahl der Erwerbstätigen lag mit mehr als 46 Millionen so hoch wie nie zuvor. Der Anteil der pro Kopf geleisteten Arbeitsstunden sank allerdings tatsächlich über die Jahrzehnte und stieg in den letzten Jahren wieder leicht an.

Immer mehr Frauen arbeiten - oft in Teilzeit

Dies liegt in der ansteigenden Erwerbstätigkeit von Frauen begründet. 1991 arbeiteten gerade 57 Prozent der erwerbsfähigen Frauen, 2023 waren es 73,6 Prozent. Auch die Erwerbsquote von Männern nahm zu. 1991 arbeiteten bereits 78,4 Prozent der erwerbsfähigen Männer, 2023 waren es 80,8 - ein Spitzenwert bis dahin.

Allerdings verzeichnet Deutschland unter den westlichen Industriestaaten eine der höchsten Teilzeitquoten. Laut Statistischem Bundesamt lag diese im vierten Quartal 2024 bei 29,3 Prozent; und damit innerhalb Europas auf Rang vier. Ein Manko, vor allem in vielen Teilen Westdeutschlands, sind die schlecht ausgebauten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Experten und Wirtschaftsverbände fordern seit Jahren, diese zu verbessern, um vor allem Frauen die Möglichkeit zu geben, öfter und mehr arbeiten zu können. Denn von den erwerbstätigen Frauen arbeitet knapp die Hälfte (48,7 Prozent) in Teilzeit, von den erwerbstätigen Männern hingegen nur jeder Achte (12 Prozent).

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.