Donald Trump sendet Schockwellen in die Welt aus, sodass sogar das Ende der „Pax Americana“ ausgerufen wird. Indem er die Unterstützung der Ukraine und die Verteidigungspflichten der USA innerhalb der Nato infrage gestellt hat, hat er den Glauben an die militärische Führung der USA erschüttert. Und mit der Ankündigung von immensen Zöllen am sogenannten „Liberation Day“, die nun von einem Gericht in New York vorerst weitgehend aufgehoben wurden, hat er auch die freie Welthandelsordnung ins Wanken gebracht.

Während die Schuldenlast der USA bereits bei über 36.000 Milliarden Dollar liegt, hat Trump mit seinem Plan nicht mit ausreichend gegenfinanzierter Steuersenkungen das Vertrauen in die US-amerikanischen Staatsanleihen – als Rückgrat des Weltfinanzsystems – erschüttert.

Das beeinträchtigt die internationale Rolle des Dollars, den viele Zentralbanken als Reservewährung halten. Russland hat bereits alle seine Dollarreserven abgestoßen, China baut diese kontinuierlich ab. Ist nun die Chance für den Aufstieg des Euros zur Weltleitwährung gekommen, wie EZB-Direktoriums-Mitglied Isabel Schnabel angedacht hat?

Nach EZB-Präsidentin Christine Lagarde könnte der Euro dem Dollar das exorbitante Privileg streitig machen, die Möglichkeit Staatsausgaben auf Kosten anderer Länder zu finanzieren. Sie will mit einem digitalen Euro eine europäische Alternative zum US-Dollar-basierten Zahlungssystem Swift und eine Grundlage für die Abwicklung mehr internationalen Handels in Euro schaffen.

Hélène Rey von der London School of Economics, die die USA als sich selbstzerstörenden Hegemon sieht, meint, dass die strengere Bankenregulierung in der EU den Euro stärker macht. Europa solle als globale Führungsmacht bei der Klimapolitik klimafreundliche Produkte auf den Weltmärkten in Euro bepreisen, um den Euro attraktiver zu machen. EU-Schulden für die gemeinsame Verteidigung könnten der Startpunkt für ein in Euro denominiertes, sicheres Anlageinstrument sein.

Laut Lagarde muss Europa seine Stellung in der Welt durch noch mehr Handel und militärische Partnerschaften stärken, um den Euro beliebter zu machen. Die Vertiefung des Binnen- und des gemeinsamen Kapitalmarktes müsse das Wachstum stärken, um Investitionen anzuziehen. Durch mehr Staatsverschuldung würde ein größerer Markt für sichere Anlagen in Euro geschaffen. Europa müsse stark mit einer einheitlichen Stimme sprechen.

London kann es mit dem US-Finanzmarkt aufnehmen

Doch Lagarde tangieren die notwendigen strukturellen und politischen Erfordernisse für eine internationale Währung bestenfalls indirekt. Der Euroraum hat zwar ein großes Handelsvolumen und die Wirtschaftsleistung liegt bei immerhin der Hälfte der USA. Über hoch entwickelte, freie Finanzmärkte, auf denen andere Länder ihre Fremdwährungsreserven anlegen können, verfügt die EU aber nicht.

Der Finanzmarkt Europas, der es mit dem US-Finanzmarkt aufnehmen kann, liegt in London, also nach dem Brexit außerhalb der EU. Erschwerend kommt hinzu, dass die EU mit der Taxonomie die Kreditvergabe zentral nach Umwelt- und Klimakriterien lenken will.

Doch die für eine Führungsrolle notwendige Stabilität einer Währung hängt eng an soliden Staatsfinanzen. Die Staatsverschuldung liegt als Anteil am Bruttoinlandsprodukt im Euroraum mit 89 Prozent zwar niedriger als in den USA (124 Prozent). Doch die Aufweichung der Schuldenbremse in Deutschland kündigt einen deutlichen Anstieg der Euro-Staatsverschuldung an.

Dass der Euroraum aufgrund sehr unterschiedlicher Inflations- und Wachstumsraten, unflexibler Arbeitsmärkte sowie einer fehlenden gemeinsamen Finanz- und Sozialpolitik kein optimaler Währungsraum ist, deutet auf eine inhärente Instabilität der gemeinsamen Währung hin.

Damit könnte doch die zukünftige Geld- und Finanzpolitik der USA stabilitätsorientierter sein. Am Ende dürften die Zölle der USA deutlich niedriger liegen als von Trump ursprünglich angekündigt. Ein durchschnittlicher Zoll von zehn Prozent könnte wie eine Art Mehrwertsteuer einen Beitrag zur Konsolidierung des Staatsdefizits der USA leisten, ohne dass der Welthandel maßgeblich beschädigt wird.

Die Steuersenkungspläne der Republikaner im Rahmen der „Big Beautiful Bill“ kündigen zwar eine noch höhere Staatsverschuldung an. Doch Steuersenkungen können Wachstum schaffen. Eine umfangreiche Deregulierung, der Abbau der Beschäftigung im öffentlichen Sektor und die geplanten Kürzungen im Gesundheitssektor deuten zumindest auf etwas geringere Staatsausgaben hin. Das kann positive Wachstumseffekte haben. Ähnliche Reformen sind in Europa nicht in Sicht.

Vereinfachte Eigenkapitalvorschriften für die US-Banken, verbesserte Bedingungen für den zukunftsträchtigen Kryptomarkt und das klare Nein zu einem digitalen Dollar weisen auf eine Stärkung des US-Finanzmarktes unter Trump hin. Die Fed zeigt sich derweil bei den geldpolitischen Lockerungen deutlich zurückhaltender als die EZB, was längerfristig für mehr Finanzmarktstabilität und einen stärkeren Dollar spricht.

Der Ausblick bleibt damit ungewiss, was für den Status quo spricht. Die enge Verknüpfung des Dollars mit dem Weltfinanzsystem sowie das fehlende klare Bekenntnis Europas zu Währungsstabilität und wirtschaftlicher Freiheit sprechen derzeit – trotz Trump – weiterhin für den Dollar als Weltleitwährung.

Im schlimmsten Fall steigen sowohl der Dollar als auch der Euro ab. Da sich auch der streng staatlich kontrollierte Renminbi nicht qualifiziert, könnten Gold und Bitcoin dem Dollar die Rolle der Weltleitwährung streitig machen. Deren Wert ist nicht ohne Grund gegenüber Dollar und Euro bereits deutlich angestiegen.

Damit bleibt abzuwarten, ob die Angst vor dem Verlust des exorbitanten Privilegs die USA schließlich in eine entschlossenere Konsolidierung ihrer Staatsausgaben drängt. Der Euroraum hat bezüglich des internationalen Status seiner Währung viel weniger als die USA zu verlieren, was Reformen unwahrscheinlicher macht.

Gunther Schnabl ist Ökonom und Direktor des Flossbach von Storch Research Institute. Dazu ist er Professor für Wirtschaftspolitik und Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität Leipzig.

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