Seit Wochen sinken die Preise für Benzin und Diesel und das geschieht nun sogar vor Feiertagen. Dabei waren diese Tage früher für die Tankstellenketten beliebte Zeiten für Rekordpreise. Und die aktuelle Entwicklung könnte sogar noch andauern.

Wie teuer ist das Tanken gerade?

Es ist gerade einmal eine Woche her: Direkt vor dem Feiertag Christi Himmelfahrt sanken die Preise für Benzin und Diesel an den bundesweit rund 14.000 Tankstellen. Nach Daten des Automobilklubs ADAC lag der Benzinpreis für Super E10 im Durchschnitt bei 1,67 Euro je Liter, gut einen Cent weniger im Wochenvergleich. Diesel kostete 1,55 Euro und damit fast zwei Cent weniger.

Laut Daten des Vergleichsportals Clever Tanken war der vergangene Mai der dritte Monat in Folge mit niedrigeren Kraftstoffpreisen. Superbenzin E10 war demnach zuletzt im Dezember 2024 günstiger, Diesel im September vergangenen Jahres. Das Portal gehört zur Auto-BILD-Gruppe, die wie WELT ein Teil von Axel Springer ist.

Mit Pfingsten stehen nun wieder nationale Feiertage an und es könnte gut sein, dass die Spritpreise erneut niedriger ausfallen. Denn derzeit kennen die Preiskurven an deutschen Tankstellen im Durchschnitt nur eine Richtung und die zeigt nach unten.

Was sind die Gründe für den Preistrend?

Der Hauptgrund für sinkende Spritpreise liegt in der Organisation Erdöl exportierender Länder. Ende Mai hat ein Gremium der Opec aus acht Staaten neue Ölfördermengen festgelegt. Ab Juli wollen diese Opec-Länder zusätzlich 411.000 Barrel (Ölfass mit 159 Litern) täglich fördern. Ähnliche Schritte gab es schon im Juni und im Mai. Das Opec-Kartell kontrolliert rund 40 Prozent der weltweiten Ölproduktion. Zuletzt ist der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent im Vergleich zur Vorwoche auf 64 Dollar und damit um einen Dollar gesunken.

Eine Erhöhung der Ölfördermengen vergrößert das weltweite Angebot an Rohöl und Ölprodukten weiter. Bei einer schwachen Wirtschaftsentwicklung in vielen Industrieländern trifft dies auf eine stagnierende oder gar sinkende Nachfrage. Beispiele dafür sind die USA oder China. Trotz der Befürchtungen, dass es zu einem globalen Überangebot an Rohöl kommen kann, erhöht die Opec ihre Fördermengen. Das alles verstärkt den Trend zu sinkenden Preisen an den Tankstellen.

Ebenso nimmt der Kurs des Euro im Vergleich zum Dollar Einfluss auf den Kraftstoffpreis, schließlich wird Rohöl in der US-Währung bezahlt. Und da der Euro gegenüber dem Dollar zuletzt an Wert zugelegt hat, trägt dieser Effekt ebenso zu günstigeren Spritpreisen bei.

Warum gibt es dennoch Kritik an den Preisen?

Dem ADAC gehen die Preissenkungen der Tankstellenketten jedoch nicht weit genug. „Angesichts des recht konstanten Ölpreises und des stärkeren Eurokurses im Wochenvergleich hätte der Preisrückgang bei beiden Kraftstoffsorten sogar noch etwas deutlicher ausfallen dürfen“, sagt Christian Laberer, Experte für den Kraftstoffmarkt beim ADAC. Das bedeutet: Im Vergleich zu den Einbrüchen der Rohölnotierungen bewegen sich die Kraftstoffpreise an den Tankstellen zu wenig nach unten. Die Tankstellenketten und ihre Ölunternehmen geben den eigenen Preisvorteil schlichtweg nicht vollumfänglich an die Kunden weiter. Einen Grund zum Eingreifen sieht das Bundeskartellamt darin jedoch aktuell nicht.

Wie wirken sich weltweite Krisen aus?

Der Rohölpreis ist abhängig von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Die erratischen Entscheidungen der US-Regierung zu den Zöllen auf Importprodukte etwa lassen die Preise im Rohölhandel schwanken. Zu den Unsicherheiten zählen auch der Konflikt um Atomwaffen des Iran mit den USA. Schließlich ist der Iran ein wichtiger Öllieferant. Ebenso beeinträchtigen das Vorgehen Israels gegen die Hamas sowie der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine das Geschehen an den Rohölmärkten. Bei Spannungen haben diese Märkte in der Vergangenheit oftmals mit Preissteigerungen reagiert.

Warum ist Diesel so viel günstiger als Benzin?

Doch es gibt noch ein weiteres Phänomen der vergangenen Wochen: Der Preisabstand zwischen Diesel und Superbenzin wird wieder größer und liegt derzeit bei rund zwölf Cent je Liter zugunsten des Dieselkraftstoffs. Dieser Trend hält nun schon seit vier Monaten an, wie das Vergleichsportal Clever Tanken berichtet. Ein Grund dafür ist die Jahreszeit. Der Winter ist vorbei und damit auch die starke Nachfrage nach Heizöl. In den Raffinerien ist die Produktion von Diesel und Heizöl nahezu identisch.

Grundsätzlich könnte Diesel in Deutschland viel günstiger sein als Benzin. Der Staat belegt den Dieselkraftstoff mit einer deutlich geringeren Steuer, derzeit beträgt der Abstand zur Abgabe auf Benzinkraftstoff rund 18 Cent. Gründe für die Einführung des Steuervorteils aus der Nachkriegszeit waren die Versorgung der Wirtschaft durch den Lkw-Transport sowie die Förderung des Speditionsgewerbes.

Wann sollen Autofahrer zum Tanken fahren?

Am Abend sind die Kraftstoffpreise um einige Cent günstiger als morgens. Im Tagesverlauf liegen die Kraftstoffpreise zwischen 18 Uhr und 20 Uhr am günstigsten. In den Morgenstunden ist das Auftanken an den Stationen am teuersten. Und zudem gilt: Autobahntankstellen meiden. Nach Erhebungen des Bundeskartellamts liegen die Preise an den Autobahnen für Benzin und Diesel um bis zu 40 Cent je Liter höher als an den umliegenden Straßentankstellen. Bei einer Tankfüllung mit 60 Litern macht das 24 Euro Preisunterschied aus.

Allerdings sorgt sich das Kartellamt als Wächter über den Wettbewerb um die Transparenz der Tankstellenpreise. Bei der aktuellen Zahl von bis zu 20 Preisänderungen am Tag schwindet die Übersicht, wann der Zeitpunkt zum Auftanken günstig ist. Kartellamtschef Andreas Mundt erwägt daher „gegebenenfalls Handlungsschritte eventuell auch regulatorischer Art“. Tatsächlich könnte seine Behörde eine Obergrenze für Preiserhöhungen festlegen. Dies ist in Österreich bereits der Fall.

Ist Deutschland besonders günstig?

Auftanken geht noch deutlich günstiger als hierzulande. Im Nachbarland Luxemburg ist Superbenzin etwa 18 Cent je Liter günstiger als in Deutschland. Beim Dieselkraftstoff liegt der Preisvorteil bei 15 Cent. Ein Grund dafür liegt bei der Regierung in Luxemburg, die täglich eine Höchstgrenze für die nationalen Kraftstoffpreise festlegt.

Auch Österreich ist in diesen Wochen ein Schnäppchen, wenn es um das Tanken geht. Für Superbenzin sind an Tankstellen des Landes 22 Cent je Liter und für Diesel sechs Cent weniger als in Deutschland fällig. In Polen wiederum ist der Preisabstand zum Nachbarland noch größer: 35 Cent sind es beim Superbenzin und 18 Cent beim Dieselkraftstoff.

Birger Nicolai ist Wirtschaftskorrespondent in Hamburg. Er berichtet unter anderem über Schifffahrt, Logistik und Mittelstandsunternehmen und ist begeisterter Autofahrer.

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