Aus Angst vor "Monstertrassen" wird der Ausbau der Stromnetze vor Jahren primär unter die Erde verlegt. Das hat vor allem eine Folge: Es ist viel teurer. Die Stromnetzbetreiber wollen die Vorgabe jetzt kippen und prognostizieren dadurch fallende Strompreise.
Ein Kurswechsel beim Stromnetzausbau in Deutschland könnte milliardenschwere Einsparungen bringen. "Seit Langem fordern wir, den Erdkabelvorrang für Gleichstromvorhaben durch einen Freileitungsvorrang zu ersetzen. Der Neustart der Genehmigungsverfahren zentraler Netzausbauprojekte bietet jetzt die Chance, noch rechtzeitig umzusteuern und konsequent auf Freileitungen statt Erdkabel zu setzen", sagte Tim Meyerjürgens, Vorstandschef des Stromnetzbetreibers Tennet.
Allein bei den nächsten drei Gleichstromprojekten - OstWestLink, SuedWestLink und NordWestLink - ließen sich mindestens 20 Milliarden Euro einsparen, so Meyerjürgens. "Mittelfristig könnten dadurch die Netzentgelte um einen Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden." Über die Netzentgelte, die auch private Verbraucher bezahlen, wird unter anderem der Netzausbau finanziert.
Eine Sprecherin der Bundesnetzagentur sagte, die potenziellen Einsparungen bei den Neubau-Leitungen OstWestLink, SuedWestLink und NordWestLink lägen bei rund 16,5 Milliarden Euro. "Ein Schwenk zu Freileitungen würde die Planung dieser bisher als Erdkabel geplanten Vorhaben allerdings zeitlich zurückwerfen." Der Stromnetzbetreiber Amprion äußerte sich zurückhaltend zu einem Ende des Erdkabelvorrangs.
Angst vor "Monstertrassen"
Im Zuge der Energiewende mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien sollen Tausende neue Kilometer Stromleitungen verlegt werden, um den vor allem im Norden produzierten Windstrom in große Verbrauchszentren im Süden zu transportieren. Seit 2016 gilt ein Erdkabelvorrang für große "Stromautobahnen". Er war von der damaligen Koalition aus Union und SPD eingeführt worden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Netzausbau zu erhöhen. Hintergrund waren Sorgen vor "Monstertrassen".
In einem Papier der Übertragungsnetzbetreiber Tennet, TransnetBW und 50Hertz heißt es, der Erdkabeleinsatz habe generell nicht die erhoffte größere Akzeptanz ergeben. Die drei Unternehmen sprechen sich für einen Kurswechsel aus.
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es, die neu zu planenden Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze (HGÜ) sollten, "wo möglich", als Freileitungen umgesetzt werden. "Dabei werden wir besonders belastete Regionen berücksichtigen." Durch diese Maßnahmen könne der Netzausbau effizienter gestaltet werden.
Ein Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sagte, in einem Monitoring solle bis zur Sommerpause 2025 der zu erwartende Strombedarf sowie unter anderem der Stand der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus und des Ausbaus der erneuerbaren Energien als eine Grundlage der weiteren Arbeit überprüft werden. Die Erkenntnisse würden bei den Entscheidungen über künftige HGÜ und ihre Ausführungsart berücksichtigt werden.
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