Sinkende Zinsen, hohe Staatsausgaben und solide Aussichten im Zollstreit heben die Stimmung deutscher Finanzexperten. Das Mannheimer ZEW sieht in Summe die Chance auf ein Ende der inzwischen dreijährigen wirtschaftlichen Stagnation. Noch unklar sind derweil die Folgen der Eskalation im Nahen Osten.

Börsenprofis blicken angesichts positiver Konjunktursignale und sinkender Zinsen optimistischer auf die deutsche Wirtschaft. "Das Stimmungsbild hellt sich weiter auf", sagte ZEW-Chef Achim Wambach. "Dazu beigetragen haben die zuletzt gestiegenen Investitionen und die Konsumnachfrage." Auch scheine sich die Einschätzung zu bekräftigen, dass die geplanten finanzpolitischen Maßnahmen der neuen Bundesregierung der Wirtschaft positive Impulse verleihen könnten. "Dies zusammen mit den jüngsten Zinssenkungen der EZB könnte die knapp dreijährige wirtschaftliche Stagnation in der Bundesrepublik zu Ende bringen", sagte Wambach.

Im Ergebnis schnellte das Barometer für die Konjunkturaussichten in den kommenden sechs Monaten im Juni um 22,3 auf 47,5 Zähler nach oben, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner Umfrage unter 200 Investoren und Analysten mitteilte. Ökonomen hatten nur einen Anstieg auf 35,0 Punkte erwartet.

"Der Zollschock ist verarbeitet", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle mit Blick auf den Handelskonflikt mit den USA. "Die Hoffnung auf eine gütliche Lösung des Zollkonflikts und das Vertrauen in die neue Bundesregierung sind spürbar gewachsen." Allerdings hat sich mit dem Ausbruch des Kriegs zwischen Israel und Iran ein neues Konjunkturrisiko ergeben, das "noch eher unzureichend in der Befragung enthalten sein", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. "Das Stimmungsbild dürfte der Israel-Iran-Konflikt nur dann ändern, wenn er nicht regional begrenzt bliebe."

Das Barometer für die aktuelle Lage legte ebenfalls zu, und zwar so kräftig wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. Es stieg um 10,0 Punkte auf minus 72,0 Zähler. Hier hatten Ökonomen nur eine Verbesserung auf minus 75,0 Punkte vorausgesagt. Allerdings sei dies immer noch der schlechteste Wert aller Euro-Länder.

Die Erwartungen für die Konjunkturentwicklung in der Eurozone hellten sich ebenfalls weiter auf. Sie stiegen um 23,7 auf 35,3 Punkte. Die Einschätzung der aktuellen Lage lag nach einem Plus von 11,7 Punkten bei Minus 30,7 Punkten - und damit weiterhin deutlich höher als in Deutschland.

Mehrere führende Forschungsinstitute erhöhten vorige Woche ihre Konjunkturprognosen für 2025 und 2026 und begründeten ihren Optimismus mit dem überraschend guten Start ins laufende Jahr sowie Rückenwind durch die Bundesregierung. Das Münchner Ifo-Institut, das Essener RWI und das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnen für 2025 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent - das IWH aus Halle erwartet sogar 0,4 Prozent. Im nächsten Jahr soll es um etwa 1,5 Prozent nach oben gehen.

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