Das Geschäftsmodell der Versand-Plattform Temu beruht auf einer Zollausnahme und auf omnipräsenter Werbung. In den USA ist beides verschwunden, der Absatz bricht ein. In anderen Märkten wächst die Flut der Billig-Pakete weiter. Die EU könnte sich dem Vorgehen der USA anschließen.

Das Geschäft der chinesischen Billig-Versandplattform Temu ist in den USA aufgrund neuer Zollregelungen massiv eingebrochen. Wie Bloomberg unter Berufung auf eigene Daten berichtet, gingen die Zahlungen amerikanischer Konsumenten in der Zeit vom 11. Mai bis 9. Juni an das Unternehmen um mehr als 25 Prozent zurück. Gleichzeitig hat Temu seine umfangreichen Werbeaktivitäten offenbar nahezu eingestellt, während das Unternehmen versucht, sein Geschäftsmodell in den USA an die neuen Zollregeln anzupassen.

Temu nutzte bislang in den USA die sogenannte "de minimis" Zollausnahme. Warensendungen mit einem Wert unter 800 Dollar konnten durch diese Regel zollfrei aus China an US-Kunden geliefert werden. Bevor US-Präsident Donald Trump diese Ausnahme im Zuge seiner umfangreichen Zollerhöhungen abschaffte, lieferten chinesische Händler Schätzungen zufolge rund eine Million Pakete mit Temu-Bestellungen pro Tag in die USA. Insgesamt sollen 2004 etwa 1,5 Milliarden Lieferungen im Rahmen der De-Minimis-Regel die USA erreicht haben.

Nach Trumps Zoll-Rundumschlag am 9. April kündigte Temu an, sein Geschäftsmodell für die USA grundlegend zu ändern und künftig amerikanische Kunden nur noch aus Versandzentren im Land zu beliefern. Dazu versuchte die Plattform offenbar, die eigenen Händler dazu zu bewegen, Bestände in diesen Zentren aufzubauen. Berichten zufolge reichen diese Bestände bislang allerdings nicht aus, das bisherige Versandvolumen aufrechtzuerhalten. Zudem stiegen die Preise wegen der neuen Zölle teils deutlich.

In der EU genießt Temu weiter Zollfreiheit

Gleichzeitig hat Temu auch seine Werbung in den USA stark heruntergefahren. Daten der Analyse- und Beratungsfirma AppGrowth zufolge schaltete Temu bis zum 9. April teils Zehntausende neue Online-Anzeigen täglich. Diese Zahl sank auf weniger als 100 pro Tag. Die aggressive, omnipräsente Werbung war die Grundlage für das schnelle Wachstum von Temu in den vergangenen Jahren. Durch das "abrupte" Herunterfahren seiner Werbeausgaben habe Temu "seine Wachstumsmaschine" abgestellt, zitiert Bloomberg AppGrowth-Direktorin Wu Yanwei.

Außerhalb der USA wächst das Geschäft von Temu den Daten zufolge weiter kräftig, auch in der EU, wo weiterhin Zollfreiheit für Sendungen mit einem Wert bis 150 Euro gilt. Im vergangenen Jahr wurden im Rahmen dieser Regel mehrere Milliarden Pakete in die EU eingeführt, die Mehrheit aus China. Wie in den USA beklagen auch in Europa heimische Händler einen Wettbewerbsnachteil durch die zollfreie Billigkonkurrenz. Verbraucherschützer warnen zudem davor, dass ein Großteil der Temu-Produkte europäische Sicherheitsstandards nicht erfülle.

Um das Problem in den Griff zu bekommen, hatte die damalige Bundesregierung bereits Anfang dieses Jahres Maßnahmen verabschiedet, unter anderem eine verstärkte Kontrolle entsprechender Sendungen. Die EU-Kommission hat einen Plan für eine Zollreform vorgelegt, die die Zollfreiheit für Klein-Pakete beenden würde. Diesen Vorschlag unterstützt auch der deutsche Finanzminister Lars Klingbeil.

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