Sie stehen oft kreuz und quer auf Gehwegen, versperren Hauseingänge oder liegen umgestoßen im Grünstreifen: E-Scooter haben sich in deutschen Städten in wenigen Jahren zur Selbstverständlichkeit entwickelt – und gleichzeitig zum Ärgernis für viele. Jetzt will das Bundesverkehrsministerium (BMV) unter Patrick Schnieder (CDU) die Regeln für die kleinen Elektroroller anpassen und dafür die entsprechende Verordnung überarbeiten. Der entsprechende Referentenentwurf liegt WELT vor.

Die neue Verordnung soll Klarheit bringen, sorgt aber schon im Vorfeld vor allem für Streit. Denn sowohl Anbieter von Leih-E-Scootern wie Lime, Bolt und Voi als auch der Fußgänger-Verband kritisieren die Pläne scharf – wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen.

In dem Entwurf zur Änderung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vom 26. Juni 2025 geht es im Kern um eine weitgehende Anpassung der Regeln für E-Scooter an den Fahrradverkehr. Das Ziel laut Ministerium: Vereinfachung. „Für die Bürger werden die für Elektrokleinstfahrzeuge geltenden Regeln dadurch leichter verständlich“, heißt es.

Kein Parken von Leih-Scootern auf Gehwegen

Der aktuelle Entwurf knüpft an ein Vorhaben von Schnieders Vorgänger Volker Wissing (parteilos) an, der das Thema zwar aufgegriffen, aber nicht final umgesetzt hatte. „Die Abstimmung mit den Verbänden erfolgte dazu bereits im August 2024“, bestätigt eine Sprecherin des BMV. Nun also die Neuauflage – mit Änderungen.

Ein neuer zentraler Punkt von Schnieder: das Abstellen von E-Scootern. Der Entwurf stellt klar, „Fahrräder und Elektrokleinstfahrzeuge dürfen auf Gehwegen und in Fußgängerzonen geparkt werden, wenn dadurch andere nicht gefährdet oder behindert werden können.“

Doch für kommerzielle Anbieter soll diese Regel nicht gelten. Das gewerbliche Anbieten von E-Scootern zur stationsunabhängigen Vermietung sei „kein zulässiges Parken“ im Sinne der Verordnung. Heißt konkret: Nur privat genutzte E-Scooter oder Fahrräder dürften auf dem Gehweg stehen.

Die Anbieter müssten ihre Fahrzeuge stattdessen auf eigens ausgewiesenen Flächen parken. „Faktisch käme es einem Abstellverbot für Free-Floating-Fahrzeuge gleich“, schreibt der Lobbyverband „Plattform Shared Mobility“ (PSM). Der Zusammenschluss vertritt die Interessen von Leih-Anbietern für E-Scooter.

Für das Abstellen der E-Scooter müsste künftig eine Sondernutzungserlaubnis vorliegen, so PSM. Diese seien aufwendig und vielerorts nicht umsetzbar. Der Verband fordert stattdessen: „Es braucht kommunal anschlussfähige Lösungen statt Regulierung nach dem Gießkannenprinzip.“

Der Appell an die Politik: „Der Passus muss gestrichen werden.“ Sonst würde dies dazu führen, „dass Free-Floating-Angebote aus dem Stadtbild verschwinden, weil keine rechtliche Grundlage mehr für den Betrieb besteht.“

Juristisch soll mit dem Entwurf klargestellt werden: Leih-Scooter sind kein Teil des ruhenden Verkehrs im Sinne des Straßenverkehrsrechts. Dadurch sollen Kommunen mehr Spielraum erhalten. Sie können strengere Regelungen oder Nutzungsverbote erlassen – wie es etwa in Berlin bereits der Fall ist.

Hier müssen die Anbieter seit 2023 für E-Scooter und Leihräder im Zentrum Sondernutzungsgebühren zahlen. Für den Bereich innerhalb des S-Bahn-Rings ist eine Höchstzahl von 19.000 Elektrokleinstfahrzeuge festgelegt worden. Zudem gibt es verpflichtende Abstellstationen, in deren Umkreis keine E-Scooter abgestellt werden dürfen.

Und auch bei den Sanktionen wird nachjustiert – jedoch eher moderat: Wer etwa entgegen der Fahrtrichtung fährt, muss künftig 25 Euro statt 20 Euro zahlen. Dasselbe Bußgeld soll anfallen, wenn eine zweite Person auf dem E-Scooter mitfährt.

Man könnte meinen: Weniger Leihroller auf Gehwegen – das müsste Fußgängern gefallen. Doch der Verein Fuss e. V., der die Interessen der Fußgänger vertreten will, zeigt sich empört. In einer Pressemitteilung bezeichnet der Verband die geplanten Regeln für das Abstellen privater E-Scooter und Fahrräder auf Gehwegen als „legalisierte Gehweg-Vermüllung“. Dass beim Abstellen andere nicht gefährdet oder behindert werden sollen, sei hingegen nur ein „Trostpflaster“. Bereits jetzt werde dies täglich ignoriert. „Eine ausdrückliche neue Regel für die Zweiräder ändert daran gar nichts“, heißt es.

Zudem kritisiert Fuss e. V. die geplanten Änderungen beim Überholen durch E-Scooter. Bisher mussten die Scooter beim Manöver einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Diese Sonderregel entfällt mit dem Entwurf. E-Scooter sollen den gleichen Regeln wie Fahrräder folgen – und bei denen gibt es keinen pauschalen Seitenabstand, wie der ADAC schreibt. „Schnieder erlaubt, dass E-Scooter-Rüpel Fußgänger als lebende Slalomstangen missbrauchen“, so der Verband.

Der Verordnungsentwurf wurde nun der EU-Kommission zur Notifizierung zugesandt. Die Stillhaltefrist läuft bis zum 29. September. Danach kann der Entwurf vom Bundestag verabschiedet werden.

Klemens Handke ist Redakteur im Wirtschaftskompetenzzentrum. Er berichtet über Verkehrspolitik und die Deutsche Bahn.

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