von Wolfram Nickel/SP-X
Wer kennt sie noch, die gemeinsame große Vergangenheit von Audi und DKW im Auto-Union-Konzern? Werden die DDR-Zweitakter Trabant und Wartburg heute von der Oldtimer-Community mehr denn je gehypt, wecken die westdeutschen DKW-Modelle mit ihrem ebenfalls markanten Auspuffdunst von verbranntem Benzin und Öl bei Klassikertreffen eher fragende Blicke: Nur Enthusiasten erinnern sich noch an die gemeinsamen Wurzeln von DKW, Trabant und Audi.
Ein Däne gründet DKW
Eine Zeitreise in die drei Schlüsseljahre 1932, 1945 und 1965 gibt dazu überraschende Antworten. Der Däne Jørgen Skafte Rasmussen hatte DKW gegründet und als weltgrößten Motorradproduzenten etabliert. Ein Unternehmen, das 1928 die Zwickauer Audi-Werke übernahm und dort ab 1930 den Typ DKW Front baute als ersten frontangetriebenen Kleinwagen. Dennoch blieb die finanzielle Situation bei DKW angespannt, und so entstand 1932 der Konzern Auto Union mit dem bis heute bekannten Logo der vier Ringe: Ein Symbol für den Zusammenschluss der Marken DKW, Audi, Horch und Wanderer. Aber mit dem Zweiten Weltkrieg wurde alles anders.
Einen Tag vor dem Inkrafttreten der deutschen Kapitulation im Mai 1945, flohen führende Mitarbeiter der in Sachsen gelegenen Auto-Union-Werke Richtung Bayern – vielleicht ahnten sie, dass Sachsen bald der Sowjetischen Militäradministration gehören würde, die die Auto-Union-Fabriken enteignete und demontierte. So aber entstand schon Ende 1945 im bayerischen Ingolstadt das „Zentraldepot für Auto Union Ersatzteile“ als Grundstein für den Wiederaufbau und Neubeginn der Auto Union mit DKW-Zweitakt-Modellen. Die Bundesrepublik Deutschland wurde gerade gegründet, da rollten 1949 aus den Werkshallen der neuen Auto Union GmbH in Ingolstadt die ersten DKW-Motorräder und der DKW F89 Schnelllaster mit avantgardistischem Frontantrieb, zugeschnitten auf die Ära von Wiederaufbau und Wirtschaftswunder.
Zweite Karriere in der DDR
Zwischenzeitlich hatte in Zwickau – nun in der DDR – die Fertigung des ähnlichen Vorkriegsmodells DKW F8 begonnen, auf das der DKW F9 folgte. Erst Mitte der 1950er endete diese Konkurrenz: Das DDR-Produkt IFA F9 wurde vom in Eisenach gebauten Wartburg 311 ersetzt und in Zwickau startete der erste Trabant (P 50), beide mit Zweitaktmotoren.
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Auch DKW brummte, die Ingolstädter hatten mit ihren „Meisterklasse“-Zweizylindern (1950-1954) und „Sonderklasse“-Dreizylindern (1953-1955) Erfolge erzielt und den „Schnelllastwagen“ als Alternative zu VW Bulli (T1) oder Ford FK 1000 etabliert.
Der DKW „Munga“ ging 1955 in Großserie. Und dann stand da auf der IAA 1955 der Prototyp eines 2+2-sitzigen DKW-Sportwagens, der mit seiner aufregenden Kunststoffkarosserie fast den Porsche 356 überstrahlte: Pure Provokation verkörperte auch der im Herbst 1955 gelaunchte DKW F 93 3=6, der Oberklasse-Aura in die kleine Klasse bringen sollte. DKW argumentierte, dass ein Dreizylinder-Zweitakter pro Kurbelwellenumdrehung ebenso viele Arbeitstakte absolviert wie ein Sechszylinder-Viertakter, ergo ebenso laufruhig sei. Die DKW-Community freute es, die 3=6 Typen verkauften sich bestens – und das Sportcoupé Auto Union 1000 SP im Stil eines Ford Thunderbird avancierte ab 1958 zum Objekt der Begierde.
Absturz in den 60ern
In den 1960ern stürzte die Auto Union mit ihrer Zweitakt-Flotte in ein tiefes Absatztal, aus dem sie erst der Einstieg des VW-Konzerns befreite. Was war geschehen? Die westdeutsche Wohlstandsgesellschaft goutierte die Abgasfahnen der DKW-Typen nicht mehr, obendrein zeigten zu viele Zweitakter im kalten Winter 1962/63 Defekte. Plötzlich stauten sich die unverkauften DKW rund um Ingolstadt, zumal der 1964 aufgelegte neue DKW F 102 in modernem attraktivem Design traditionelle DKW-Kunden irritierte. VW zog die Notbremse, vollzog den Umstieg von Zwei- auf Viertaktmotoren und der aus dem F 102 entwickelte „Audi“ (F 103) leitete 1965 die Wiedergeburt der Marke ein. Ein Audi-Relaunch, für den DKW sterben musste.
60 Jahre Audi aus Ingolstadt (Audi F103)

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