Zwischen Retro-Charme und digitalem Cockpit fährt der KGM Torres EVX seinen ganz eigenen Kurs. Das SUV ist alltagstauglich und ungewöhnlich zugleich. Und nicht ohne Tücken. Ein angenehmes, aber keineswegs perfektes E-Auto, das es ab rund 42.000 Euro gibt - kein wirkliches Schnäppchen also.
Mit diesem Auto fällt man auf. Und es wirft bei vielen außerdem Fragen auf. KGM? Noch längst nicht jeder hat die Tatsache verinnerlicht, dass der Autobauer Ssangyong seit nun schon einiger Zeit unter diesem Kürzel firmiert. Die neue namensgebende Konzernmutter hat den koreanischen Autobauer nicht nur umbenannt, sondern auch in die elektrische Neuzeit geführt.
Der noch recht junge Torres, der auch mit Benziner erhältlich ist, ist in der Version EVX rein elektrisch, und, wie sich bei einem Test zeigte, als erfreulich alltagstaugliche Alternative zum Elektro-Mainstream unterwegs.
Bereits optisch ist der Torres EVX ein echter Typ. Details wie die Pseudo-Griffe auf der Motorhaube oder die Pseudo-Reserverad-Beule an der Heckklappe verleihen ihm die Aura kauziger Kraxelkünstler der 1990er-Jahre. Hinter milchigen Abdeckungen zum Vorschein tretende LED-Tagfahrlichtleiste oder die extrabreite und den Schulterblick einschränkenden C-Säulen geben dem Fahrzeug einen zugleich futuristischen Touch.
Eigenwillige Proportionen, teilweise ein Blender
Der gut 4,70 Meter lange Fünftürer kommt also in bester Ssangyong-Tradition etwas eigenwillig daher. Das triff auch auf die Proportionen zu. So ragt das Heck weit über die Hinterachse hinaus, während die Scheiben der Bremsanlage in den 20-Zoll-Leichtmetallrädern fast schon verloren wirken. Auch wenn einige Details Abenteuer-Optik suggerieren, ist der frontgetriebene Stromer in dieser Hinsicht vor allem eins: ein Blender.
Dafür ist der Torres komfortabel. Sein Platzangebot ist vorne wie hinten sehr üppig. Zudem verfügt er über einen XL-Kofferraum, der über 700 Liter fasst und auf 1662 Liter wachsen kann. Der Laderaumboden ist eben und herausnehmbar. Darunter befinden sich zusätzliche Staufächer, in denen sich auch ein großes Ladekabel verstauen lässt.
Das Cockpit ist sehr aufgeräumt, denn KGM setzt auf einen Doppelscreen, wie er bei vielen Herstellern mittlerweile üblich ist. Der rechte Touchscreen ist dabei zugleich Bedienoberfläche für die allermeisten Funktionen. Die Anzeige- und Bedienwelt ist gelungen, zumal die Smartphone-Integration sehr gut funktioniert. Man kann sich über Android Auto von Google Maps leiten lassen und zugleich einen Radiosender vom bordeigenen DAB-Modul einstellen. Das eine schließt das andere nicht aus. In der eigenen Smartphone-Welt findet man sich ohnehin gut zurecht. Doch auch die Infotainment-Bereiche von KGM sind weitgehend intuitiv bedienbar.
Die Verarbeitung ist gut und die Materialien der Topausstattung "Lux" sind zum Teil recht ansehnlich. Allerdings sind nicht gerade wenige Areale auch von reichlich Hartplastik geprägt, das sich mitunter als etwas kratzempfindlich erwiesen hat.
Schwergewicht von zwei Tonnen
Der Antrieb ist elektrisch und damit entsprechend leise und auf Wunsch auch druckvoll. Nur etwas über 8 Sekunden braucht es, um die Tachoanzeige auf dreistelliges Niveau zu treiben. Immerhin bringt der EVX rund zwei Tonnen auf die Waage. Der 152 kW/207 PS und 339 Newtonmeter starke E-Motor von BYD mit hat ebenso mit dem Erreichen der Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h keine Probleme.
Dieses Gewicht ist auch der mit 73 kWh nicht gerade kleinen Batterie geschuldet, die im Gegenzug mit einem guten Reichweitenpolster verwöhnt. Wir waren vornehmlich auf der Autobahn unterwegs. Bei rund 20 Grad Außentemperatur, deaktivierter Klimaanlage sowie 120 km/h Tempomat waren sogar 350 Kilometer am Stück drin. Der Verbrauch lag dann bei 22,5 kWh. Ein Sparwunder ist der EVX damit zwar nicht.
Allerdings hat er speziell im Autobahnbetrieb es mit dem Hunger auf Stromlinge auch nicht übertrieben. Von den 462 Kilometern WLTP-Reichweitenpotenzial bleibt praktisch ein ordentlicher Batzen abrufbar. In der Stadt sank der Verbrauch auf 16 kWh, was sogar Reichweiten in der WLTP-Region realistisch erscheinen lässt. Ob der EVX bei frostigen Temperaturen auch so gute Ergebnisse erzielt, konnten wir nicht überprüfen.
Hinsichtlich der Ladeperformance ist der Koreaner mit seinem E-Antrieb aus China nicht ganz so überzeugend. Maximal sind 120 kW am Schnelllader möglich. Um diese Leistung zu erreichen, ist etwas Anlauf nötig. Ist das 120-kW-Plateau erreicht, verharrt die Ladekurve nur kurze Zeit dort und sinkt lange vor Erreichen von 80 Prozent wieder deutlich ab. Für einen Ladevorgang von 3 auf 89 Prozent an einem Schnelllader haben wir 55 Minuten benötigt. Im Schnitt wurde dabei mit 72 kW geladen. Nun ja. Auch für die letzten elf Prozent hat sich der EVX an einer 11-kW-Wallbox mehr Zeit als bei vielen Mitbewerbern heutzutage üblich gelassen.
Indifferente Lenkung
Das Fahrwerk des EVX wollte uns nicht so recht begeistern. Am überzeugendsten erlebt man den Unterbau, wenn der Torres auf der Autobahn dahingleitet. Dann wirkt das Fahrzeug entspannt und sogar komfortabel. Auch bei Topspeed liegt der Koreaner vertrauenerweckend auf der Straße.
Die Lenkung wirkt jedoch synthetisch. Beim Kurvenfahren führt man den Zweitonner fast so, als würde man rohe Eier transportieren. Versuche, etwas gewagtere Manöver zu fahren, werden von der Regelelektronik recht früh unterbunden. Den im ersten Moment angenehmen Fahrersitz haben wir nach einigen Stunden auf der Autobahn als doch nicht so bequem empfunden.
Die Warnpiepser und Korrektureingriffe der vielen Assistenzsysteme wirken mitunter lästig bis übergriffig. Die Lichtausbeute aus den unscheinbaren Scheinwerfern, die sich im unteren Bereich der Frontschürze verstecken, erlebten wir auf nächtlichen Autobahnfahrten als etwas dürftig.
Angenehm, aber nicht perfekt - und kein Schnäppchen
Wir haben den Torres EVX als insgesamt dennoch angenehmes Alltags-, aber keineswegs perfektes E-Auto erlebt. Deshalb wundern wir uns ein wenig über den Preis. Erst ab rund 42.000 Euro geht es los. Im Vergleich zu deutschen Mitbewerbern von VW oder Audi mag das sogar noch günstig sein. Doch eigentlich bietet sich wohl eher der Vergleich mit chinesischen Mitbewerbern wie dem Leapmotor C10 an, der bei ähnlichen Eckdaten bereits ab 37.600 Euro erhältlich ist. Ein Schnäppchen ist der Torres EVX so gesehen nicht.
Immerhin ist der Koreaner in der Basisausstattung Core bereits gut bestückt. Wer mehr will, kann noch zwischen den Ausstattungsvarianten Bliss (45.000 Euro) und Lux (49.000 Euro) wählen. In beiden Fällen gibt es Extras, auf die man allerdings weitgehend verzichten kann. Für die beiden unteren Ausstattungsniveaus lässt sich die in der Lux-Version serienmäßige Wärmepumpe für 1300 Euro dazu bestellen.
KGM Torres EVX - technische Daten
- Kompakter SUV mit fünf Sitzen
- Länge: 4,71 Meter, Breite: 1,90 Meter, Höhe: 1,71 Meter, Radstand: 2,68 Meter, Wendekreis: 10,8, Kofferraumvolumen: 703-1662 Liter
- Batterie: Lithium-Ionen, nutzbare Batteriekapazität 73,4 kWh, Ladeleistung 11 kW (AC)/120 kW (DC). Heizung über Wärmepumpe (Serie teuerste Ausstattung, sonst Option)
- Antrieb: Ein Elektromotor vorn, 152 kW/207 PS, maximales Drehmoment: 339 Newtonmeter, 0-100 km/h: 8,1 s, Vmax: 175 km/h, Vorderradantrieb, Anhängelast: 500/1500 kg
- Normverbrauch: 18,7 kWh/100 Kilometer, Reichweite: 462 km, Testverbrauch: 22,5 kWh
- Preis: ab 41.990 Euro
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