Er war Vizekanzler, Wirtschaftsminister, Kanzlerkandidat und gab den Grünen Stimme und Gesicht: Nun zieht sich Robert Habeck aus der Politik zurück. Vorher teilt er aber noch mal aus.
Er gilt als einer der profiliertesten Grünen-Politiker - nun beendet Robert Habeck seine politische Laufbahn. In einem Video auf Instagram und im Gespräch mit der taz erklärt der ehemalige Wirtschaftsminister und Vizekanzler, er habe dem Bundestagspräsidium mitgeteilt, sein Mandat zum 1. September abzugeben.
Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen: "Ich habe sie ganz lange abgewogen", sagte der 55-Jährige. "Ich habe die letzten 20 Jahre, also quasi mein gesamtes erwachsenes Leben, darauf hingearbeitet, in der Öffentlichkeit für meine Partei Stimme und Gesicht zu sein, habe jetzt aber eine andere Entscheidung getroffen."
Habeck begründet seinen Rückzug mit dem Wunsch nach neuen Perspektiven und Abstand vom "zu engen Korsett des Berliner Politikbetriebs".
Start in Schleswig-Holstein
Der studierte Philosoph und Germanist mit Doktortitel, der Schriftsteller und Kinderbuchautor beginnt seine politische Laufbahn in Schleswig-Holstein als Umweltminister und stellvertretender Ministerpräsident. 2018 wechselt er in die Bundespolitik und wird Co-Parteichef der Grünen neben Annalena Baerbock.
In der Ampelkoalition trägt er Verantwortung in der Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Um die Versorgung zu sichern, setzt er auf pragmatische Kompromisse, die in seiner Partei umstritten sind: Atomkraftwerke laufen länger, Kohle wird weiter abgebaut. Deutschland friert nicht nach dem Stopp der russischen Gaslieferungen, und kurzzeitig ist Habeck der beliebteste Politiker.
Habeck strebt die grüne Transformation der Wirtschaft an, doch das versprochene Wirtschaftswunder bleibt aus. Ein Stolperstein ist das Heizungsgesetz 2023 - fossile Heizungen raus, klimafreundliche rein - was seine Popularität sinken lässt. Habeck gesteht: "Ich bin zu weit gegangen."
Künftige Stationen: Berkeley und Kopenhagen
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl tritt Habeck als Kanzlerkandidat der Grünen an - ohne echte Chance. Er wirkt mal staatstragend, mal gibt er sich locker an Küchentischen. Nach knapp 15 Prozent 2021 holen die Grünen diesmal nur 11,6 Prozent. Habeck kommentiert, das Ergebnis entspreche nicht seinen Erwartungen und Vorstellungen: "Es ist kein gutes Ergebnis. Ich wollte mehr und wir wollten mehr."
Der, der mit dem Slogan "Ein Mensch. Ein Wort" angetreten war, zieht sich nun zurück - nicht ohne auszuteilen. Im Interview mit der taz kritisierte Habeck indirekt die aktuelle schwarz-rote Bundesregierung. Es dominierten Symboldebatten und Kulturkampf, während wichtige soziale und wirtschaftliche Probleme kaum gelöst würden. Außerdem findet er, dass Bundestagspräsidentin Julia Klöckner Konflikte nicht zusammenführe, was Polarisierung fördere. Stichwort: die Diskussion um die Regenbogenfahne auf dem Reichstagsgebäude.
Zu seiner persönlichen Zukunft sagte Habeck im Instagram-Video: "Manchmal muss man Türen zuziehen, damit neue aufgehen. Ich ziehe jetzt eine Tür zu, aber ich bin mir sicher, neue Türen gehen auf." Konkret die Türen internationaler Forschungseinrichtungen: Künftige Stationen Habecks: das Dänische Institut für Internationale Studien in Kopenhagen und die US-Universität Berkeley in Kalifornien.
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