Außenminister Wadephul versucht das Verhältnis zu Indien auszubauen. Der Zeitpunkt könnte günstig sein: Nach der Zoll-Eskalation der USA zeigt sich Indien offen - aber auch in Richtung China.

Wenn Johann Wadephul reist, sind die richtigen Bilder wichtig. Wie inszeniert sich der Minister, wo steht er, was tut er, was sagt er? An diesem Morgen in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi soll Wadephul mit dem Hockey-Team einer Schule ein paar Bälle schlagen. Unterstützt wird er von Ex-Profi Moritz Fürste. Es sind knapp 30 Grad, die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Umringt von den jungen Spielern und vielen Kameras krempelt Wadephul sein weißes Hemd hoch und probiert und probiert und probiert. Es sei "schwerer als es aussieht".

Es ist dieses Bild, das Wadephul dann Stunden später mit in die Pressekonferenz trägt, nachdem er sich mit seinem indischen Amtskollegen Subrahmanyam Jaishankar ausgetauscht hatte. Uneitel spricht er von seinem "nicht besonders erfolgreichen" Hockey-Versuch, um dann die große geopolitische Brücke zu schlagen. "Es ist eine Mannschaftssportart. Deutschland und Indien spielen in einer Mannschaft. Und das ist gut", so Wadephul. 

Handel, Sicherheit und Verteidigung

Jaishankar flankiert die freundlichen Worte mit der Aussicht, wirtschaftliche Beziehungen weiter auszubauen. Das jährliche Handelsvolumen betrüge rund 50 Milliarden Euro. Es ließe sich verdoppeln, so die Hoffnung. Ein seit Längerem versuchtes Freihandelsabkommen solle noch in diesem Herbst in die finale Runde gehen. Einfach gestalteten sich die Verhandlungen zwischen der EU und Indien dafür nicht. Doch nun scheinen sich die Knoten plötzlich etwas zu lösen.

Auch Hemmnisse für deutsche Firmen will Indien unbürokratisch beheben: "Ich versichere dem Minister, dass wir vorbereitet sind, deutschen Firmen besondere Aufmerksamkeit zu geben", so Jaishankar.

Die mitgereiste Wirtschaftsdelegation hört dies sicherlich gern. Ein Unternehmen dabei ist für Indien von besonderer Bedeutung: TKMS. Schon länger hofft Indien auf den Abschluss eines Vertrags über mehrere U-Boote mit einer Technologie, die nur das deutsche Unternehmen bieten könne. Dessen CEO Oliver Burkhard ist ebenfalls auf der Reise dabei. Beide Minister bleiben vage, ob es tatsächlich zum Abschluss kommt: "In der Vergangenheit hatten wir signifikante Exportkontroll-Schwierigkeiten im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich. Ich schätze es sehr, dass diese Prozesse geglättet wurden", sagte Jaishankar.

Es klingt, als sei man auch hier einen Schritt weitergekommen. Im Angesicht der Zoll-Eskalation zwischen den USA und Indien scheint jedenfalls vieles plötzlich möglich. 

China sieht seine Chance

Es sind es auch diese Bilder, die Wadephuls Reise begleiteten: Indiens Ministerpräsident Narendra Modi und Russlands Präsident Wladimir Putin händeschüttelnd - ausgerechnet in China. Zu dem Sicherheitsgipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit war Modi kurzfristig angereist, aus Verärgerung über Donald Trump. Wie die FAZ berichtete, soll der US-Präsident vier Mal noch versucht haben, Modi ans Telefon zu bekommen - ohne Erfolg.

Die Zölle könnten die aufstrebende Wirtschaftsmacht so hart treffen, dass Modi seine grundsätzliche Vorsicht gegenüber China etwas abzulegen scheint und China reicht bereitwillig dazu die Hand. Deutschland beobachtet diese Entwicklung genau. Wadephul betont, dass es grundsätzlich zu begrüßen sei, wenn sich zwei Länder annähern: "Ich weiß mich trotzdem einig mit Indien und vielen anderen Ländern, dass die internationale, regelbasierte Ordnung verteidigt werden muss und dass sie zuweilen auch gegen China verteidigt werden muss."

Dass Indien gleichzeitig auch einer der wichtigsten Handelspartner von Russland ist, nennt Wadephul einen Punkt, in dem man nicht hundertprozentig übereinstimmt. Man habe Verständnis für den Öl-Bedarf, aber "es ist nicht im Sinne des Erfinders, dass das russische Öl dann auf Umwegen zu uns kommt", sagt Wadephul. Aber auch er weiß, dass er Indien hier nicht davon abhalten kann. Zu verzwickt ist die Lage, beliefert Indien aus diesem Öl raffinierten Dieselkraftstoff sogar in die Ukraine.

Spontaner Besuch bei Modi

Im Anschluss an das Treffen hat dann sogar Premierminister Modi recht spontan den Außenminister empfangen. Zwar ohne Pressekonferenz, aber allein das Treffen dürfte für Deutschland ein wichtiges Zeichen sein. Viele wichtige Bilder, die der Außenminister mitbringt. Sie wirken wie das absolute Kontrastprogramm zum China-Gipfel. Sicherlich nicht ungewollt.

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