Deutsche Hochschulen stehen laut einer neuen OECD-Studie international gut da. Besonders beliebt sind die für die Industrie wichtigen MINT-Fächer. Die Autoren warnen jedoch: Die Zahl der Menschen ohne Schul- oder Berufsausbildung steigt.

In Deutschland wächst die Kluft zwischen dem oberen und unteren Bildungsniveau junger Erwachsener zwischen 25 und 34 Jahren. Wie aus der Studie "Bildung auf einen Blick" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervorgeht, hatten im vergangenen Jahr 15 Prozent der Altersgruppe weder die Fachhochschulreife noch eine Berufsausbildung, das waren zwei Prozentpunkte mehr als noch 2019. In der EU stehen nur Italien, Portugal und Spanien schlechter da.

Im selben Zeitraum wuchs der Analyse zufolge der Anteil mit einem Hochschul-, Fachhochschul- oder Berufsakademieabschluss von 33 auf 40 Prozent. Diese wachsende Kluft bei den Bildungsabschlüssen sei besorgniserregend, so die OECD.

Soziale Ungleichheiten schon bei frühkindlicher Bildung

Zwischen den geringer qualifizierten jungen Erwachsenen und denen mit einem sogenannten Tertiärabschluss gibt es demnach in Deutschland "unter allen teilnehmenden OECD-Ländern die größten Kompetenzdisparitäten". Die Studienautoren meinen damit, dass Menschen mit Hochschulabschluss im Schnitt sehr viel besser lesen und alltägliche Mathematikaufgaben lösen können als Menschen ohne Fachhochschulreife oder Berufsausbildung.

In der jüngeren Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen sind nur zehn Prozent weder in Bildung noch Beschäftigung, deutlich weniger als der OECD-Wert von 14  Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt mit 2,7 Prozent ebenfalls unter dem OECD-Durchschnitt. "Trotz der Fortschritte bleiben Herausforderungen", erklärten das Bildungs- und das Forschungsministerium unter Verweis auf die Studie. So sei die Arbeitslosenquote bei gering qualifizierten Erwachsenen weiterhin hoch, zudem bestünden nach wie vor soziale Ungleichheiten beim Zugang zu frühkindlicher Bildung.

Familiärer Hintergrund verfestigt Bildungsniveau

Deutschland investierte pro Bildungsteilnehmer mehr als der Durchschnitt der Industriestaaten in sein Bildungssystem. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt des Landes sind die Bildungsausgaben mit 4,4 Prozent aber unterdurchschnittlich. Sie liegen demnach deutlich unter denen von Norwegen oder Großbritannien, die mehr als sechs Prozent ihres BIP in Bildung investieren.

Wie bereits viele Untersuchungen zuvor belegt die diesjährige OECD-Studie zudem einen großen Einfluss des familiären Hintergrunds auf die Bildungschancen junger Menschen. Haben die Eltern weder die Fachhochschulreife noch eine Berufsausbildung, ist demnach die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind einen Tertiärabschluss erreicht, weitaus geringer als bei Kindern aus akademischen Elternhäusern.

Der jeweilige Bildungsabschluss hat zudem spürbare Auswirkungen auf das eigene Einkommen: 25- bis 64-Jährige mit Hochschulabschluss verdienen in Deutschland im Schnitt 50 Prozent mehr als diejenigen ohne höheren Abschluss. Das entspricht in etwa dem OECD-Schnitt von 54 Prozent Mehrverdienst.

Deutsche Hochschulen attraktiv für ausländische Studierende

Im internationalen Wettbewerb um Nachwuchswissenschaftler können deutsche Hochschulen der Studie zufolge immer stärker punkten. Deutschland ziehe zunehmend internationale Studierende an, heißt es. Der Anteil ausländischer Studierender habe sich seit 2013 von 7,1 auf 12,7 Prozent im Jahr 2023 signifikant erhöht. Im OECD-Schnitt liege er bei 7,4 Prozent. Studierende aus Asien bildeten mit 44 Prozent in Deutschland die größte Gruppe, 31 Prozent kämen aus anderen europäischen Ländern.

Aktuellere Daten des Statistischen Bundesamts vom März zeigen, dass sich der Trend fortsetzt: Demnach waren im vergangenen Wintersemester 492.600 Studentinnen und Studenten aus dem Ausland in Deutschland eingeschrieben, was einem Anteil von rund 17 Prozent bei 2,87 Millionen Studierenden entspricht. Deutschland steht dem OECD-Bericht zufolge unter den nicht englischsprachigen Ländern bei der Zahl der ausländischen Studierenden auf Platz eins und insgesamt auf Platz vier hinter den USA, Großbritannien und Australien.

Forschungsministerin Bär zufrieden mit MINT-Bereich

Bundesforschungsministerin Dorothee Bär hob bei der Vorstellung der OECD-Studie die vielen Abschlüsse im sogenannten MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) hervor. Deutschland sei ein hochqualifiziertes MINT-Land und "MINT-Weltmeister", sagte die CSU-Politikerin. 35 Prozent aller Absolventen eines Bachelor- oder gleichwertigen Programms schließen dem Bericht zufolge in Deutschland in einem MINT-Fach ab. Dies sei der höchste Anteil unter den OECD-Ländern (Durchschnitt: 23 Prozent).

Für die Berliner Bildungssenatorin und Vertreterin der Bildungsministerkonferenz, Katharina Günther-Wünsch, verdeutlicht der OECD-Bericht aber auch den Handlungsbedarf. "Noch immer verlassen zu viele Jugendliche die Schule ohne Abschluss, und die Herkunft prägt den Bildungserfolg nach wie vor zu stark", erklärte die CDU-Politikerin.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung analysierte für die Studie "Bildung auf einen Blick 2025" die Bildungssysteme der 38 OECD-Staaten sowie weiterer Beitrittsländer und Partnerstaaten.

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