Trotz Krisen und angespannter Weltlage sind die Menschen in Deutschland laut einer Studie weniger besorgt - aber offenbar nur, weil viele resigniert haben. Steigende Preise bleiben das wichtigste Thema.
Steigende Lebenshaltungskosten bleiben die größte Sorge der Deutschen. Demnach hat rund jeder zweite Mensch (52 Prozent) Sorge, dass die Kosten für Einkäufe, Miete und Co. nach oben gehen, wie die repräsentative Langzeitstudie "Die Ängste der Deutschen" zeigt. Seit dem Start der jährlichen Befragung im Jahr 1992 belegt die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten schon zum 15. Mal den ersten Platz.
"Obwohl die Inflation abgeflacht ist, bleibt sie für die Deutschen ein Schreckgespenst", sagte Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch. "Sie spüren deutlich, wie die Preise für Energie, Nahrungsmittel und Dienstleistungen weiter anziehen."
Angstindex deutlich gesunken
Auf Platz zwei und drei der Rangliste liegen in diesem Jahr die Angst vor der Überforderung des Staates durch Geflüchtete und die Angst vor Steuererhöhungen beziehungsweise Leistungskürzungen. In beiden Fällen gaben 49 Prozent der Befragten an, sich davor zu fürchten. Auf Platz vier folgt die Furcht vor unbezahlbarem Wohnraum (48 Prozent).
Was die Herausgeber der Studie überrascht: Im Vergleich zum Vorjahr ist der Grad der Besorgnis bei fast allen Ängsten leicht gesunken. Insgesamt fiel der gesamte Angstindex - also der durchschnittliche Wert aller gemessenen Sorgen - deutlich auf 37 Prozent, nach 42 Prozent 2024. Ein niedrigeres Niveau gab es in der seit 1992 gemachten Studie nur einmal - 2021 während der Corona-Pandemie mit 36 Prozent.
"Die Deutschen haben sich an den Zustand gewöhnt"
"Die Menschen werden ständig mit multiplen Krisen konfrontiert, denen sie ohnmächtig gegenüberstehen. Die Deutschen haben sich an diesen Zustand gewöhnt, sie sind krisenmüde", erklärte Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki, die die Studie als Beraterin begleitet. Das bedeute aber nicht, dass die Menschen sorglos seien. Der Fokus richte sich einfach mehr auf das Hier und Jetzt.
Insgesamt haben die Deutschen mehr Angst vor der Inflation als vor der Politik von US-Präsident Donald Trump (45 Prozent). Auch das lässt sich Borucki zufolge "mit Abstumpfung, Ernüchterung und Resignation angesichts des Trump'schen Politikstils erklären".
Steigende Angst vor Autokraten
Die Menschen blicken allerdings auch mit Unbehagen ins Ausland - sogar noch mehr als zuvor. Im Ranking noch vor der Trump-Angst landet die Sorge, dass weltweit autoritäre Herrscher immer mächtiger werden, mit 47 Prozent auf Platz fünf. Das ist zugleich die einzige gestiegene Angst in diesem Jahr, wenn es auch nur minimal ein Prozentpunkt mehr ist.
Einen Vertrauensgewinn verbuchen hingegen die Politiker und Politikerinnen in Deutschland. Der Anteil der Bevölkerung, der fürchtet, dass die Politik von ihren Aufgaben überfordert ist, sank von 49 Prozent auf aktuell 42 Prozent.
Sorge vor Krieg stagniert
Die Sorge vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung stagniert demnach mit 41 Prozent auf hohem Niveau. Vor schlechter Wirtschaftslage fürchten sich ebenfalls 41 Prozent, vor Pflegebedürftigkeit 39 Prozent. Wegen Naturkatastrophen und Klimawandel ängstigen sich jeweils 36 Prozent. Angst vor Straftaten haben 20 Prozent und damit die wenigsten.
Die Umfrage "Die Ängste der Deutschen" wird von der R+V-Versicherung in Auftrag gegeben. Für die diesjährige Befragung wurden zwischen Mai und Juli rund 2.400 Menschen im Alter ab 14 Jahren von Meinungsforschern befragt. Die Teilnehmer sollten vorgegebene Themen auf einer Skala von eins (gar keine Angst) bis sieben (sehr große Angst) bewerten. Daraus wird die Rangfolge ermittelt.
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