Seit Montag kontrolliert auch Polen die Grenze zu Deutschland - zusätzlich zu den deutschen Maßnahmen. Was bedeutet das für den Alltag der Menschen? Eindrücke von einer symbolträchtigen "Grenzbrücke".
Es sind nur 252 Meter. Aber für die meisten Bewohnerinnen und Bewohner der Grenzstädte Frankfurt (Oder) und Słubice haben diese eine große Bedeutung. Es ist die Länge ihrer Stadtbrücke, auch bekannt als "Grenzbrücke". Sie verbindet beide Städte und damit: Deutschland und Polen.
Kaum eine andere Brücke symbolisiert so sehr das europäische Zusammenwachsen beider Länder und den alltäglichen Austausch. Aber jetzt auch: die politischen Veränderungen. Denn seit Montag kontrollieren beide Länder wieder ihre Grenzen.
"Das geht gar nicht"
Lyana Pavlitzki sitzt gerade in ihrem Auto und wartet, dass auch sie über die Brücke fahren kann. Es staut sich zwar nur leicht, aber schon jetzt ist sie genervt von den ganzen Kontrollen: "Na, das ist alles scheiße. Ob es nun in Deutschland ist oder in Polen. Das geht gar nicht."
Seit 30 Jahren wächst an der Oder eine Doppelstadt zusammen. Viele hier überqueren die Brücke fast jeden Tag in die eine oder andere Richtung. Aber die Normalität des Pendelns sei jetzt eingeschränkt, erzählt Khaled und zeigt seine beiden Reisepässe. Diese liegen jetzt immer in seinem Auto, denn: "Es gibt eine Kontrolle hin und auch wieder eine Kontrolle zurück. Hätte ich nicht meinen Reisepass und den für meinen Sohn dabei, könnte ich direkt wieder zurückfahren."
Wie die eine Seite, so die andere
Bereits seit Oktober 2023 wird auf der deutschen Seite der aus Polen kommende Verkehr stichprobenhaft kontrolliert. Und jetzt stehen nur ein paar hundert Meter von den deutschen Beamten auch die polnischen Polizisten. Sie schauen in die Autos, kontrollieren Fahrgäste in den Bussen, die über die Brücke fahren. Fahrradfahrer müssen absteigen, Fußgänger stehen bleiben.
Offiziell wollen damit auch die Polen die illegale Migration in ihr Land verhindern. Es ist wohl aber vor allem eine Antwort der polnischen Regierung auf die deutschen Grenzkontrollen.
Es gibt nicht wenige auf der polnischen Seite, die diesen Schritt auch in Ordnung finden. Juliana Dawid meint, dies sei doch nur gerecht: "Durch die Kontrollen sehen wir bei uns immer mehr Staus. Und die werden wir jetzt auch auf der deutschen Seite sehen. Aber ehrlich gesagt freue ich mich sogar darüber. Die Deutschen werden jetzt sehen, wie das so ist. Und wie sich andere Länder damit fühlen."
Grenzverkehr läuft weitgehend normal
Bis jetzt bleiben die großen Staus aus. Die meisten Autos werden von den polnischen Polizisten einfach durchgewunken. Kontrolliert werden vor allem Lieferwagen und Fahrzeuge mit getönten Scheiben.
"Unsere Beamten wohnen hier selbst in der Region", erzählt der Sprecher des polnischen Grenzschutzes, Pawel Biskupik. "Sie wissen genau, wer hier täglich über die Grenze muss, erkennen die Berufspendler. Aber auch wer womöglich mit kriminellen Absichten unterwegs ist." Und so bilden sich trotz der Kontrollen bisher nur zum Nachmittag hin längere Fahrzeugschlangen.
Kaum Protest
Wer am Montag größere Demonstrationen der Einwohner beider Städte erwartet hat, wird überrascht gewesen sein. Nur auf der deutschen Seite hat sich eine kleine Gruppe für eine Kundgebung zusammengefunden. Es sind vor allem Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitiker sowie kleinere Organisationen.
In der Gruppe mit selbstgemalten Pappschildern steht Sabine Fischbach. Sie gehört dem Kreisvorstand der Grünen in Frankfurt (Oder) an. "Ich weiß nicht, ob die Bundesregierung sich im Klaren ist, was sie hier angerichtet hat", sagt Fischbach. "Die Kontrollen der Polen sind eine Reaktion auf das, was von uns gemacht worden ist. Hier wird einfach auseinandergerissen, was zusammengehört."
Bis zum 5. August soll alles so bleiben. Bis dahin hat die polnische Regierung angekündigt, die Grenzkontrollen weiter durchzuführen - außer, die Deutschen beenden ihre Maßnahmen.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.