Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Die Grundinstandsetzung des Berliner Pergamonmuseums geht voran. Das Haus wird voraussichtlich im Frühjahr 2027 wiedereröffnen – wenn auch nur zur Hälfte. Nach den Verzögerungen und Kostensteigerungen hatten viele schon innerlich Abschied genommen.

Eine Wiedereröffnung erst in den 2030er-Jahren hat sich in den Köpfen festgesetzt. Tatsächlich soll das Haus, welches die Antikensammlung, das Vorderasiatische Museum und das Museum für Islamische Kunst beherbergt, erst 2037 vollständig der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dieses Datum gilt für die Gesamtheit des Gebäudes, das in zwei Bauteile untergliedert ist. Der schon fast fertig sanierte Bauteil A, bestehend aus Nord- und Mittelflügel, wurde am 4. Dezember 2025 bei einem Rundgang der Presse vorgestellt.

Vor dem Pergamonaltar ist ein Gerüst aufgebaut, Skulpturen sind in Schaumstoffpolster gepackt, während nebenan letzte Fehlstellen in der reich verzierten Fassade eines niemals fertiggestellten Wüstenschlosses aus Jordanien geschlossen werden. Unter der hohen Decke des für die Mschatta-Fassade neu gestalteten Saales meint man, im Wüstenlicht zu stehen. Sie stammt aus dem heutigen Jordanien und gilt als eines der größten musealen Objekte islamischer Kunst weltweit. Ab 2027 wird sie wieder gebührend gezeigt.

Wolfram Weimer lobt „weltumspannende Bedeutung“ des Pergamonmuseums

Die zur Baustellenbegehung erschienene Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Marion Ackermann, die Museumsdirektoren und die Politiker sind sichtlich froh, auch mal wieder gute Nachrichten verbreiten zu können. „Eine Schatztruhe der Menschheit geht wieder auf“, sagte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer vor der Kulisse des Pergamonaltars, dessen „weltumspannende Bedeutung“ er in seiner Rede hervorhob. Die Sanierung wird vollständig aus Bundesmitteln finanziert, also über den Haushalt von Weimers Behörde. Das ist am Ende viel mehr, als man Anfang des Jahrtausends dachte, als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder binnen zehn Jahren die Berliner Museumsinsel instand setzen lassen wollte.

Die 2016 veranschlagten Kosten von rund 490 Millionen Euro für den Bauabschnitt A seien aber im Plan, so die verantwortliche Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Petra Wesseler. Insgesamt wird die Instandsetzung des Museums im Herzen Berlins wohl 1,5 Milliarden Euro kosten, inklusive 300 Millionen Euro Puffer für Risiken und Baupreissteigerungen.

Das Pergamonmuseum ist der fünfte und letzte historische Bau auf der Museumsinsel (im Jahr 2018 wurde der Neubau der James-Simon-Galerie eröffnet). Bis auf das Alte Museum, dessen Grundinstandsetzung noch aussteht, sind die anderen Häuser bereits saniert worden. Der Baubeginn des Pergamonmuseums im Jahr 1910 fiel noch ins Kaiserreich. Auch damals schon gab es massive Verzögerungen, nicht zuletzt durch den Ersten Weltkrieg. Zwanzig Jahre nach Baubeginn wurde das Haus 1930 nach Abriss eines kleineren Vorgängerbaus eröffnet, als dreiflügeliger neoklassizistischer Koloss.

Die riesigen Säle waren notwendig geworden, um die in Babylon, Assur und Ägypten ausgegrabenen antiken Großarchitekturen bei Tageslicht zeigen zu können. Diese Sammlung von Architekturfragmenten verschiedener Kulturen der Antike in voller Größe macht das von Alfred Messel entworfene Haus weltweit einzigartig. Dank des Markttors von Milet, des babylonischen Ischtar-Tors und der Prozessionsstraße sowie der Westflanke des Pergamonaltars ist das Haus der Publikumsmagnet im Unesco-Weltkulturerbe Museumsinsel. Grundlegend saniert worden aber war es nie – im Krieg beschädigt und danach zusammengeflickt, stand das Pergamonmuseum wie die ganze Insel unter der Verwaltung der klammen DDR.

Es schwindelt einen, wenn man das alles mal zusammenrechnet: Vor einem Vierteljahrhundert bereits wurde mit der Planung für die Instandsetzung begonnen, bis zu ihrem Abschluss werden wohl 32 Jahre vergangen sein. Der Architekt Oswald Mathias Ungers hatte den Zuschlag für das komplexe Projekt erhalten. Ungers verstarb im Jahr 2007. Durchgeführt wird das Unterfangen seitdem von der Werkgemeinschaft Pergamonmuseum mit den Büros Kleihues+Kleihues und BAL.

Dabei geht es nicht nur um Ertüchtigung: Das Pergamon bekommt auch neu gebaute Ergänzungen. Der sogenannte Tempietto, eine Glas-Stahl-Konstruktion mit einer Verkleidung aus fränkischem Muschelkalk, ist großenteils fertiggestellt. Sie wird im Hof der Anlage den Haupteingang bilden. Bis 2032 soll noch ein vierter Flügel hinzukommen, der sich als gläserner Riegel entlang des Kupfergrabens, einem Seitenkanal der Spree, präsentieren wird. Er umschließt dann den Hof und ermöglicht erstmals einen echten Rundgang durch alle Sammlungen der drei Museen.

Innovativstes Museum seiner Art

Das Museum für Islamische Kunst wird nach der Wiedereröffnung dreimal so viel Platz für seine Exponate haben wie bisher – und die Sammlung „im Referenzrahmen der Antike“ präsentieren, wie sein Direktor Stefan Weber es ausdrückt, also die Verbindungen zwischen Antike und islamischer Welt nachzeichnen. Mit der neuen Ausstellung will man „das größte und innovativste Haus seiner Art weltweit“ werden.

Damit es so weit kommt, ist viel technisches Können gefragt. Beim Rundgang kann man sich erklären lassen, wie genau die farbigen Wände verputzt worden sind – nämlich so wie schon damals in den 1920er-Jahren. Das können heute nicht mehr viele, ebenso wenig wie Stuckaturen an der Decke anbringen mit selbstgefertigten Werkzeugen. Für die Bauarbeiten wurde unter anderem ein provisorisches zweites Dach errichtet, 730 Mikropfähle in den problematischen Baugrund getrieben und mit Sensoren jede Mini-Erschütterung registriert, um rechtzeitig die Arbeiten unterbrechen zu können.

Das Pergamonmuseum, so viel steht fest, ist die Mammutaufgabe einer Generation. Es wird mit seiner detailverliebten Sorgfalt auch ein Schaufenster des zeitgenössischen Bauhandwerks sein. Vom Zahn der Zeit ist im Inneren von Bauteil A heute schon nichts mehr zu sehen. Komplett beseitigt werden die Spuren der Geschichte aber nicht, jedenfalls so weit sie nicht von Wind und Wetter, sondern von den Brutalitäten historischer Ereignisse verursacht wurden.

„Wo es technisch und statisch möglich war“, heißt es in der Pressemappe, „sollten Kriegsschäden als historisches Zeugnis in ihrem Erscheinungsbild erhalten bleiben. Dagegen wurden Steinausbrüche oder Abplatzungen, die nicht im Zweiten Weltkrieg entstanden sind, durch Ersatzelemente aus Stein oder Restaurierungsmörtel beseitigt.“ Die Überreste der Vergangenheit waren am Ende auch der Hauptgrund für die lange Bauzeit.

Um den Tempietto neu zu bauen, musste man bis zu sieben Meter in den Untergrund vorstoßen, dreieinhalb Meter unter den Grundwasserpegel. Die notwendig gewordene wasserdichte „Trogbaugrube“ im schwammartigen Grund der Museumsinsel kollidierte mit unvermuteten Hindernissen. Anstatt alles komplett zu entkernen, baute man um die Überreste der Berliner Geschichte herum und sparte sich so etwas Zeit. In eineinhalb Jahren soll das Pergamonmuseum wiedereröffnen.

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