Wenn Bestsellerautor Ingo Bott sein Strafverteidiger-Duo Pirlo und Mahler ins Rennen um Recht und Gerechtigkeit schickt, geht es immer heiß her: ein Mordfall in der Düsseldorfer High Society, ein toter Nazi, kriminelle Clans. Diesmal liegt die Wahrheit auf dem Platz.

Dr. Anton Pirlo ist Düsseldorfs wohl bekanntester Strafverteidiger. Er hat mit seiner Partnerin Sophie Mahler und der Kanzlei "Recht.schaffen" für Schlagzeilen gesorgt: Da gab es beispielsweise den spektakulären Mordfall in der Düsseldorfer High Society, den er gelöst hat. Da gab es aber auch einen toten Nazi, ein brennendes Covid-Testzentrum und jede Menge Clan-Kriminalität. Denn ob Pirlo nun will oder nicht: In gewissen Kreisen genießt er ein gewisses Standing.

Anton Pirlo ist nur ein Künstlername. Eigentlich hat der Mann, der mit den langen schwarzen Haaren und dem Bart dem italienischen Fußballstar Andrea Pirlo ähnelt, libanesische Wurzeln. Sein Vater brachte die Familie einst mit ehrlicher Arbeit zunächst über die Runden. Er schuftete auf dem Bau, lernte Deutsch und half dann anderen bei Behörden-Schreiben und Anträgen. Fortan war er allseits bekannt in der Community als der "Araber" und es dauerte nicht lange, bis er abseits der geregelten Arbeitswelt mehr Geld verdiente - mit Sozialbetrug.

Als Pirlos Vater starb, war er, der jüngste von drei Brüdern, der Einzige, der studierte und mit dem Clan-Leben als solchem nichts zu tun haben wollte. Pirlo galt als das schwarze Schaf der Familie, obwohl das wohl eher auf den mittleren Bruder Ahmed in Pirlos Augen zutraf: Ahmed war es schließlich, der einen Kokain-Diebstahl versaute, der älteste Bruder sich dabei eine Kugel in den Bauch einfing und die gesamte Familie damit auf die Abschussliste eines eigentlich befreundeten Clans brachte. Pirlo musste immer wieder die Kohlen aus dem Feuer holen.

Charismatischer Chaot

Pirlo legt Wert darauf, dass seine familiären Bande nicht publik werden. Auch seine Kollegin Sophie soll möglichst nichts davon erfahren. Aber sie hat ihren Chef schon längst auf dem Kieker, so oft, wie Pirlo sich mit diesem "ominösen Clan-Kriminellen Ahmed" trifft. Auch dieses Mal kreuzen sich die Wege der beiden Brüder: Weil es Pirlos Kanzlei nicht gut geht, hat Ahmed die Idee, groß ins Fußball-Beratergeschäft einzusteigen. Den passenden Spieler hat er bereits ins Auge gefasst: Serdar Tuncay, 16 Jahre. Der kickt für die Düsseldorfer Eintracht, die gerade in die Regionalliga aufgestiegen ist - und die heimische Fortuna aus dem DFB-Pokal gekickt hat - dank des goldenen Treffers von Tuncay.

Ahmed hat bereits die Dollar-Zeichen vor Augen, als er Pirlo seine Idee unterbreitet. Der ist skeptisch, nicht nur, weil er Fortuna-Fan ist, sondern vor allem, weil Ahmeds Ideen zwar auf den ersten Blick gut ausschauen mögen, aber letzten Endes immer nach hinten losgehen und einen Rattenschwanz an Problemen nach sich ziehen.

Pirlos Bauchgefühl, was seinen Bruder betrifft, täuscht ihn nicht: Nachdem der Vereinspräsident der Eintracht ermordet aufgefunden wird, ist Pirlo plötzlich der Hauptverdächtige. Dann stirbt ein weiterer Vereinsfunktionär. Nun ist die sprichwörtliche Kacke erst recht am Dampfen, auch weil die Presse den Fall aufgreift und bis ins kleinste Detail ausrollt.

Ganz heißer Scheiß!

Wer die ersten drei Fälle des charismatischen Strafverteidigers mit Clan-Wurzeln kennt, wird auch "Doppeltes Spiel" lieben. Es ist der vierte Band der "Pirlo-Mahler"-Reihe des Bestsellerautors und Strafverteidigers Ingo Bott, erschienen bei Fischer und Argon. Und wie schon bei den ersten drei Werken schwingt eine Menge Düsseldorfer-Lokalkolorit mit. Hier das Alt und die Rheinwiesen, dort die Kö und die Schönen und Reichen.

Und Pirlo ist mittendrin. Er wohnt im Stadtteil Pempelfort, nennt ein gerahmtes Oasis-Plakat und ein Bild der Mao-Bibel sein Eigen. Er trinkt seinen Kaffee schwarz und stark. Für Sophie ist Pirlos Mokka ein "Generalanschlag auf das zentrale Nervensystem", eine Art "Körperverletzung zum Trinken".

In Pirlos Büro steht deshalb auch ein Kaffeevollautomat, extra für Sophies Wohlbefinden. Ohne Kaffee geht es bei den beiden nicht: Sie sprechen ihre Fälle durch, diskutieren, debattieren, meist lässig-locker, aber immer mit Tiefsinn. Da fliegt auch mal ein Kierkegaard-Bonmot durch den Raum ("Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden."). Zwischen Pirlo und Sophie knistert's. Aber auch Ahmed hat einen Narren an der blonden Anwältin gefressen, die in ihrer raren Freizeit kickboxt und sich somit nicht nur verbal, sondern auch körperlich zu verteidigen weiß.

Kurzum: Auch "Doppeltes Spiel" ist ein Pageturner par excellence, als Hörbuch erst recht. Sascha Rotermund brilliert erneut mit seiner Stimme: Liest laut und fordernd, spricht leise, verhalten und gefühlvoll. Es sind die Nuancen in der Betonung, die vorantreiben, in den Bann ziehen. Gekonnt ist eben gekonnt.

Was auch für den Autor Bott gilt. Die Dialoge in den Pirlo-Mahler-Büchern sind ein absoluter Hochgenuss voller Esprit und Wortwitz. Der Spaß steht im Vordergrund - auch wenn das Thema Clan-Kriminalität in Deutschland und vor allem in Nordrhein-Westfalen ein (tod)ernstes ist. Bott will aber nicht belehren, Pirlo soll ein Lächeln auf die Lippen der Hörer und Leser zaubern, Sympathien wecken. In Verbindung mit dem Thema Fußball ist Pirlos "Doppeltes Spiel" ein Selbstläufer, ganz heißer Scheiß!

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