Mit einer Leiche am Weser-Strand fängt es in Bremen an, am Ende geht es um Stalking und Psychoterror. "Solang du atmest" hat einiges an Spannungspotenzial, wenn da nur nicht dieser chronische Zickenkrieg wäre.
Was passiert?
So auffällig die Jacke des Toten auch sein mag, der da zerschunden an den Gestaden der Weser liegt - auf die Spur seiner Identität bringt das Kleidungsstück die Bremer Ermittlerinnen Linda Selb (Luise Wolfram) und Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) zunächst nicht. Doch allen Wortgefechten, Sportclub-Rangeleien und Ablenkungen zum Trotz, tun sich irgendwann doch einige Anhaltspunkte auf. Der Mann hörte auf den Namen Marek Kolschak (Jonathan Berlin) und der hat sich in den letzten Wochen und Monaten seines Lebens nicht allzu viele Karma-Punkte verdient. Immer wieder hat er Rani Ewers (Via Jikeli), einer alleinerziehenden Mutter, und ihrer kleinen Tochter Mia (Pola Friedrichs), aufgelauert, ihnen das Leben durch seine unablässigen Stalking-Attacken zur Hölle. Rani hätte also ein Motiv gehabt, ihn aus dem Weg zu räumen, und sei es im Affekt. Aber das ist auch noch ihre Mitbewohnerin Paula Södersen (Sarina Radomski), die sich immer wieder einmischt, und Kolaschaks Kollege Benno Falk (Julian Greis), ein Investigativ-Journalist, der in Bremens Drogenszene recherchiert - und im Verhör auffällig nervös agiert.
Worum geht's wirklich?
Es könnte um ein schmuckes Konfliktgeflecht gehen, mit diversen zeitgenössischen Baustellen: Alleinerziehende Mütter auf Wohnungssuche. Das journalistische Risiko bei Recherchen im Milieu. Stalking, emotionale Abhängigkeit und die Suche nach etwas Ruhe - stattdessen legt sich über alles der fortwährende Verbalzwist zwischen Selb und Moormann. Keine zwei Sätze ohne gegenseitige An- und Vorwürfe, ständig werden die Augen genervt verdreht, nichts scheint hier zusammenzupassen, dabei ist längst nicht mehr klar - wenn es das überhaupt jemals war - woher diese schlechte Chemie rührt. Nun könnte gegenseitiges Triezen theoretisch ja auch unterhaltsam, man denke an die Vorreiter aller merkwürdigen Paare, Oscar Madison und Felix Unger aus der Feder von Neil Simon, doch hier macht nichts Spaß, verbraucht stattdessen nur wertvollen Sauerstoff.
Wegzapp-Moment?
Es empfiehlt sich trotz aller verbalen Aussetzer dranzubleiben, denn Drehbuch-Autorin Judith Westermann und Regisseurin Franziska Margarete Hoenisch schaffen es, allen Erklärdialogen und fliegenden Fetzen zum Trotz, einen durchaus spannenden Fall zu entwickeln. Und, Mini-Spoiler-Alarm, es scheint für Moormann und Selb am Ende tatsächlich noch eine Prise Hoffnung für die Zukunft zu geben.
Wow-Faktor?
Im mittleren Bereich, "Solange du atmest" bietet im Kern solide Krimi-Kost, nicht mehr und nicht weniger. Etwas mehr Spannung und Täterraten hätten gut getan, dafür war Helen Schneider als vom Männe bekochte Gerichtsmedizinerin Edda Bingley wiederum ein Genuss.
Wie war's?
5 von 10 Punkten - am Ende rasant, auf Länge mit Luft nach oben, aber es gibt ja noch Hoffnung in Bremen, so scheint's jedenfalls.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.