Der Blick über den eigenen Tellerrand stellt für viele etablierte Popstars eine große Herausforderung dar. Für MIA.-Frontfrau Mieze springen "Tauschkonzert"-Kollegen über ihre Schatten.
"Ich bin richtig eingetaucht in die "Sing meinen Song"-Welt und ich will jetzt, dass es gar nicht mehr aufhört", sagt MIA.-Frontfrau Mieze während sich ihr Gesicht in ein quietschvergnügtes Etwas verwandelt. Nun steckt sie doch tatsächlich mittendrin in einer Primetime-Produktion, die oberflächlich betrachtet so weit weg von der eigenen Bubble zu sein schien. Aber manchmal trügt der Schein, so wie auch hier in Grootbos, dort wo sich der Mainstream nackt macht und die Einzelkämpfer plötzlich zu Teamplayern werden.
MIA. waren immer "irgendwie anders", so Host Johannes Oerding. Und ja, als rund um die Millennium-Feierlichkeiten Bands wie Juli, Silbermond und Konsorten das neugewonnene Freiheitsgefühl in massentaugliche Strophen und Refrains verpackten, drehten Maria Mummert alias Mieze Katz und ihre MIA.-Kollegen lieber alles auf links. Irgendwo zwischen Nina Hagen, Ideal und einem leidenschaftlichen Sound-One-Night-Stand von Pop und Elektro schufen sich die Berliner Querschießer ihre eigene Nische.
Kunterbunt, schrill und unangepasst
Auf der "Tauschkonzert" ist nicht nur alles erlaubt, sondern auch alles erwünscht - insbesondere dann, wenn es sich wie im Fall von Mieze Katz kunterbunt, schrill und unangepasst präsentiert. Bei so viel Lebensfreude und Mut zur Selbstbestimmung schließt man sich doch gerne an und verlässt selbst die eigene Komfortzone. Madeline Juno macht den Anfang und verwandelt sich für ein vierminütiges Pop-Rock-Feuerwerk in einen lebensfrohen Mensch-Flummi-Hybrid ("Fallschirm"). "Was für eine Energie!", jubelt Mieze.
Aki Bosse macht es genau andersrum. Der sonst so aufgeputscht wirkende Songwriter schaltet ganz ungewohnt in den Schlaflied-Modus ("Hungriges Herz"). Mieze weiß gar nicht wohin mit ihren Gefühlen. So viel Wertschätzung, Liebe und Leidenschaft - und es will gar nicht aufhören. Boki widmet sich der emotionalen Wertevermittlung mit einer faszinierenden Gesangstransformation ("Engel"). Kratzig in den Strophen und engelsgleich im Refrain verneigt sich der ClockClock-Sänger vor der sichtlich gerührten Hauptperson des Abends. Auch Uptempo-Fan Finch taucht ein in die Welt des Tiefgangs und der Attitüde. Der Brandenburger wehrt sich, prangert an und fordert mehr Anerkennung ein ("Zirkus").
"Dieser Song ist größer als wir!"
Host Johannes nimmt etwas Druck vom Kessel. Wieder einmal fungiert der Alleskönner mit Hut als Balladenpapst. "Tanz der Moleküle" ist das Lied, das der Band MIA. einst viele Türen öffnete. "Dieser Song ist größer als wir!", erklärt Mieze mit ehrfürchtigem Unterton. Johannes nimmt die Herausforderung an und liefert ab. Fehlt nur noch Rausschmeißer Paddy Kelly. Der Pop-Globetrotter hat sich "Kopfüber" ausgesucht, eine Hymne für alle Neuanfänger.
"Ich kenne das Gefühl nur zu gut, wenn man kopfüber ins Ungewisse springt", erklärt der Sänger, der kurz darauf alle Ketten sprengt und mit einem rifflastigen Stadionrocker alle Anwesenden zum Staunen bringt. Nun ist der Abend durch und Mieze ist überwältigt und sprachlos. "Wow!", hört man sie ständig murmeln. Die Grillen zirpen und Boki freut sich wie ein Schneekönig als er die Protea überreicht bekommt. "Die klaue ich dir heute Nacht vom Balkon!", witzelt der neidische Finch. Schallendes Gelächter. Dann kann Mieze endlich durchatmen - mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht.
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