Hollywood-Stars, die Gedichte schreiben, sind rar. Michael Madsen tat es, und seine Verse waren nicht mal schlecht – Dennis „Easy Rider“ Hopper behauptete sogar steif und fest, er lese Madsen lieber als Jack „On the Road“ Kerouac. „Weißes Haar“ heißt eines seiner Gedichte (Madsen hatte keins, er färbte) und so fängt es an: „Ich schätze ich hab/ noch zehn Jahre/ den alten Mann / zu verjagen. // Ich hab ihn / spät in der Nacht und / am Morgen gesehen / nach zu viel Whiskey.“ In einem anderen Vers legt er einfach seinen Gürtel ab und der liegt da „wie eine Schlange“. Zum Rohen, das Madsen als Dichter, übrigens auch als Fotograf und natürlich vor allem als Schauspieler wie ein Feld bestellte, gehörte immer auch eine irgendwie zärtliche Gewalt.
Im Kino auffällig ist er nicht umsonst zuerst als Mr. Blonde geworden, als Anzug tragender Folterknecht in Quentin Tarantinos legendärem Erstling „Reservoir Dogs“. Dass er im Jahr zuvor auch in „Thelma & Louise“ mitspielte, ist nicht ganz so sehr im Gedächtnis geblieben. Dass er nicht der Vincent Vega in „Pulp Fiction“ wurde, war hingegen reines Pech. Madsen hatte für Kevin Costners unbedeutenden Wyatt-Earp-Film unterschrieben; anders als der damals unterbeschäftigte John Travolta hatte er blöderweise keine Zeit. „Ding ding läutete draußen die Klingel / Ich hatte einen Kunden“ – das ist auch aus einem Madsen-Gedicht.
Madsens Gedichtbände heißen „Eat the Worm“, „Burning in Paradise“ oder „Shooting“, (ein Buch, das es sogar in deutscher Übersetzung gibt und das gebraucht gerade 56 Euro kostet) und könnten allesamt rein klanglich eigentlich auch Madsen-Filme sein. Nach „Reservoir Dogs“ hat er, festes Mitglied des Tarantino-Clans, auch in „Kill Bill“, „The Hateful Eight“ und zuletzt in „Once Upon A Time in Hollywood“ gespielt, aber eben auch in jeder Menge Streifen, die ungefähr so bekannt (aber nicht so gut) wie seine Gedichte sind: „Chasing Ghosts“ (ein müder Polizeifilm), „Terror Trap“ (irgendwas mit Horror) oder „Last Hour“ (Action für den DVD-Markt, bevor es auch den nicht mehr gab).
Er habe viel Schrott gedreht, sagte Madsen selbst, und sei nur auf eine Handvoll seiner Filme stolz, aber, ehrlich gesagt, auf eine Handvoll Klassiker läuft es gedächtnishalber auch bei Schauspielern heraus, die berühmter, größer und viel, viel reicher als Michael Madsen waren. Seinen Budd in „Kill Bill Vol. 2“ wird ihm die Filmgeschichte dennoch nicht vergessen: Der Typ haust in einem Trailer in der Wüste, trägt eine Rasierklinge um den Hals und beerdigt Uma Thurman schließlich bei lebendigem Leib. Ebenso denkwürdig ist Madsens Auftritt als Mafia-Pate in „Donnie Brasco“ gewesen, eine Nebenrolle, wie fast immer, und trotzdem hat er sich hier in die erste Reihe gespielt, in der eigentlich nur Johnny Depp und Al Pacino stehen sollten (und beide waren in „Donnie Brasco“ in großer Form).
Aber wie es so geht (und wie es so geht, kann man in Madsens Gedichten nachlesen): Zuletzt hat Madsen wohl mehr im Vermischten als im Feuilleton Schlagzeilen gemacht. Die Polizei kam, als er in Streit mit seiner (dritten) Frau geriet. Die Polizei kam, als er mit einem seiner (sechs) Kinder über Drogen zankte. Es gab auch eine Meldung über Alkohol am Steuer (und eine unselige Kollision mit einem Laternenmast). Madsen, könnte man sagen, hat das Whiskeyglas des Lebens ausgetrunken. Der lustige schwarze Straßenhund, dem er in einem seiner Gedichte nachpfeift, könnte auch der Tod gewesen sein. Am frühen Morgen des 3. Juli 2025 hat man ihn in seinem Haus in Malibu gefunden. Anders Veranlagte basteln an der Unsterblichkeit. Michael Madsen wurde 67 Jahre alt.
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