In der Schweiz wurde bereits zweimal ein Konzert von ihm verboten (2006 in Luzern, 2016 in Schlieren). Doch in Kroatien veranstaltete der Faschismus-Verharmloser «Thompson» jetzt einen Mega-Event, das alle Rekorde brach. Es sei das grösste kommerzielle Konzert aller Zeiten gewesen, sagen die Veranstalter.

Zurück auf der grossen Bühne

Eines gleich vorweg: Das ganze Event war eine logistische und produktionstechnische Meisterleistung. Angeblich über 450'000 Personen kamen auf die staubige Zagreber Pferderennbahn. Und trotz viel Bier gab es nur 123 Festnahmen – die meisten wegen des Besitzes «illegaler pyrotechnischer Gegenstände».

Legende: Karriere-Knicks überwunden: Marko Perkovic ist heute beliebter denn je. Keystone/EPA/Antonio Bat

Der 58-jährige Marko Perkovic nennt sich Thompson nach einer amerikanischen Maschinenpistole. Er kämpfte einst im Jugoslawienkrieg und wurde später berühmt mit Songs, die vornehmlich von Vaterland, Blut und Gott handeln. In den letzten Jahren geriert er etwas in Vergessenheit. Im Windschatten erfolgreicher kroatischer Fussball- und Handballnationalmannschaften gelang es ihm, seine Karriere wieder zu lancieren.

«Für die Heimat bereit!»

In seinen Texten verherrlichte und verharmloste Thompson immer wieder das faschistische Ustascha-Regime, das während des Zweiten Weltkrieges in Kroatien schätzungsweise 80'000 bis 90'000 Serben, Juden, Sinti, Roma und andersdenkende Kroaten ermordete.

Der Ustascha-Leitspruch «Za dom spremni!» (kroatisch: «Für die Heimat bereit!») prangte – obwohl in Kroatien verboten – am Konzertabend auf Tausenden T-Shirts. Doch im Kroatienkrieg (1991–1995) wurden die Worte zum Leitspruch der kroatischen Verteidigungskräfte (HOS).

Als Thompson die Zeile am Samstag in Zagreb sang, schrien sie auch Hunderttausende in den Nachthimmel.

Legende: Partystimmung in Zagreb: Das Thompson-Konzert zog hunderttausende Zuschauer an. Keystone/EPA/Antonio Bat

Einfach eine grosse patriotische Party?

Unerträglich für Menschen wie die serbischstämmige Zagreberin Aneta Vladimirov. Sie ist die Kuratorin einer Ausstellung, die derzeit in Zagreb an die Gräueltaten der Ustascha erinnert. Sie forderte ein Verbot des Konzertes: «Thompson verbreitet Hass. Er verehrt die Ustascha-Bewegung und benutzte ihre Ideologie im Jugoslawien-Krieg in den 90er-Jahren. Und mittlerweile machen das leider auch viele unserer Sportler.»

Doch für die meisten im Publikum war der Grossanlass in Zagreb einfach eine grosse patriotische Party. Tausende Kroatischstämmige waren aus dem Ausland angereist. Fragen über Faschismus stellte sich kaum jemand.

Legende: Ein Meer aus kroatischen Flaggen: Harmloser Spass oder bedenklicher Patriotismus? Keystone/EPA/Antonio Bat

In der Tagesschau von SRF sagte ein Schweizer Konzertbesucher: «Heutzutage, wenn jemand Heimatliebe hat und Patriotismus, dann wird das gleich verglichen mit Faschismus und Nationalismus. Und das finde ich nicht gerade so korrekt.» Und ein anderer sagte, der Satz «Za dom spremni» gehöre einfach zu Kroatien.

Aufarbeitung versäumt

Doch wie ist es möglich, dass so viele Kroatinnen und Kroaten völlig unkritisch sind gegenüber faschistischen Inhalten? Historiker Nikola Ostojcic gibt den kroatischen Schulen die Schuld: «Es ist ein Versagen des Bildungssystems. Ich habe an der Uni Zagreb Geschichte studiert. Wir haben dort nie ein Wort über die zwei Weltkriege gelernt. Und schon gar nicht über den Jugoslawienkrieg in den 90er-Jahren.»

Als Thompson am Samstag von der Bühne kam, fragte ihn die Tagesschau, ob er zufrieden sei mit dem Konzert. Sofort ging sein Manager dazwischen und schrie: «Das war das Konzert, das ihr in der Schweiz verboten habt.»

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