Am Samstag singt der Startenor Saimir Pirgu eine Hauptrolle des Stücks «Les Contes d’Hoffmann» von Jacques Offenbach – am Opernhaus Zürich.
Gleich mit drei Frauen bekommt es der Operntenor in seiner Rolle als Hoffmann zu tun: Saimir Pirgu schimpft, fleht, zweifelt, liebt und trauert. Ganze vier Stunden lang. Trotz der intensiven Proben erscheint er dann bestens gelaunt zum Interview. Und schnell wird klar: Saimir Pirgu, singt wohl auf allen grossen Opernbühnen der Welt Hauptrollen, aber er ist bodenständig, zugewandt und offen.

«Bist du verrückt?!»
Pirgus Weg auf die Opernbühne ist gleichzeitig voller Hindernisse und atemberaubend schnell. «Ich bin in einer kleinen Stadt in Albanien aufgewachsen. Albanien hat zwar ein Theater, aber keine grosse Operntradition.» Als Kind beginnt Pirgu, Geige zu spielen.Das einzige Instrument, für das es Unterricht gibt.
Dann sieht er im Fernsehen drei Tenöre singen – und da ist es um ihn geschehen. «In meiner Familie hat niemand etwas mit Musik zu tun. Als ich verkündete, ich wolle Opernsänger werden, sagte mein Vater: Bist du verrückt?! Das ist zu schwierig!»
Das Schicksal hilft nach
Doch der Sohn bleibt hartnäckig, geht nach Bozen und studiert Gesang. Die Eltern geben ihm ihre gesamten Ersparnisse: 1000 Euro. «Sie wussten nicht, dass man damit nicht weit kommt in Bozen», sagt Pirgu. Weil er kein Geld hat, wohnt er in einem Kloster und hilft dort für Kost und Logis bei der Hausarbeit.

In Bozen weilt an jenen Tagen auch Jahrhundert-Tenor Luciano Pavarotti. Er ruft im Musik-Konservatorium an und sagt, er könnte einige Schüler empfangen. Unter diesen ist auch Saimir Pirgu. «Luciano Pavarotti hat uns angehört. Dann zeigte er auf mich und sagte: Du bleibst da, ich will mit dir reden. Die anderen können gehen.»
In Folge studieren die beiden einige Stücke und der Meistertenor gibt dem jungen Pirgu Ratschläge. «Ich war 18 und am Abend rief ich meine Familie an und sagte, ich habe Pavarotti getroffen. Für mich war das das Ende der Story. Doch am nächsten Tag rief mich Pavarotti wieder an. Und von diesem Moment an, bis er gestorben ist, habe ich alle grossen Rollen mit ihm einstudiert. Er war ein wirklich grosser Mensch: im Herzen und in der Professionalität – und eine der besten Stimmen, die die Menschheit je hatte.»
Eine besondere Beziehung
Mit gerade einmal 22 Jahren debütiert Saimir Pirgu in den ersten Hauptrollen und etabliert sich weltweit. Dem Opernhaus Zürich ist Saimir Pirgu besonders verbunden. «Es ist schön hier. Wenn man gestresst ist, geht man einfach an den See und dann fühlt man sich wieder gut.» Er schätze auch die Bemühungen, Oper zugänglicher zu machen: «Ich freue mich, wenn die Institution und die Stadt Zürich, etwas für die normalen Menschen tun.»

Schon zum vierten Mal singt er nun in einem Stück, das im Rahmen von «Oper für alle» auf dem Platz vor dem Zürcher Opernhaus live aufgeführt und gratis gestreamt wird.
«Wir versuchen, die Oper der jüngeren Generation näherzubringen. Aber wer hat schon die Zeit, drei oder vier Stunden für eine Oper herzugeben? Mit ‹Oper für alle› können wir vielleicht zeigen, dass Oper eigentlich für jeden ist. Wenn ich nur einen Menschen dazu bringen kann, die Oper zu lieben, bin ich glücklich.»
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