Am Donnerstag geisterten Fotos von Justin-Bieber-Plakaten in grossen US-Städten (und in Reykjavík?!) durchs Netz. Schnell hiess es, der 31-Jährige werde am Freitag ein neues Album veröffentlichen. Und tatsächlich: Um 6 Uhr morgens Schweizer Zeit surprisedroppte der kanadische Musiker seinen siebten Longplayer «Swag», ein 21-Track-Monster mit einer Laufzeit von einer knappen Stunde.
Gerüchte
Es ist das erste Studioalbum der einstigen Teen-Pop-Sensation seit dem Anfang 2021 erschienenen «Justice». Die zugehörige Welttournee musste Bieber 2022 aus gesundheitlichen Gründen abbrechen, von den geplanten 125 Shows schaffte er nur 49.
Seither war er auf einer Handvoll Singles und Featurings zu hören und machte mehr durch Schlagzeilen als mit Musik von sich reden. Durch die verkürzte Tour blieben angeblich Einnahmen von rund 90 Millionen Dollar aus, zudem habe er Vorschüsse von knapp 30 Millionen Dollar zurückzahlen müssen. 2023 soll er die Rechte an seinen Songs für 200 Millionen Dollar verkauft und so seine Schulden gedeckt haben.
In den vergangenen Jahren legte sich Bieber vermehrt mit Paparazzi an, wirkte auf Fotos und Videos abgekämpft und fiel mit zuweilen wirren Social-Media-Posts auf (kürzlich änderte er sein Insta-Handle von justinbieber auf lilbieber). Fans sorgten sich, Boulevardportale rieben sich die Hände, Gerüchte um Drogenmissbrauch und Eheprobleme machten die Runde. Er und seine Frau Hailey Bieber (28) reagierten im Mai 2024 darauf, indem sie ihren Treueschwur erneuerten. Und im August kam ihr gemeinsamer Sohn Jack zur Welt.
Geständnisse
Seine Familie rückt er dann auch auf den Fotos zum Album in den Fokus. Biebs turnt auf mehreren Shots mit Baby Jack rum, hält auf einem anderen Bild Hailey im Arm und hat auf einem weiteren (warum auch immer) die Hand in der Hose mit Hailey und Jack im Hintergrund.
Geschossen hat die Fotos Renell Medrano, der bereits Kendrick Lamar und Familie für die Kampagne zu dessen 2022er Platte «Mr. Morale & the Big Steppers» abgelichtet hatte. Das ist kein Zufall, schliesslich steht bei Kendricks Werk wie auch bei «Swag» die Selbstreflexion im Fokus. Bei Bieber kommen die Geschehnisse der letzten Jahre dazu – der Druck von aussen, seine Ehe und die neue Rolle als Vater.
Bieber selbst fasst das im gar platt betitelten Skit «Therapy Session» zusammen, einem von drei kurzen Tracks mit Ausschnitten aus Gesprächen mit dem US-Comedian Druski: «Ich musste vieles durchmachen und das in aller Öffentlichkeit. Die Leute fragen mich ständig, ob es mir gut geht und das setzt mir langsam zu.»
Gerümpel
«Swag» kann demnach als Antwort auf diese Frage verstanden werden sowie auf die Online-Kommentare und Schlagzeilen der vergangenen Jahre. Und diese verpackt Biebs in 18 Songs (und besagte drei Skits), die musikalisch an den poppigen R&B der letzten beiden Alben «Changes» und «Justice» anknüpfen. Durch ihre schiere Masse, den Überschuss an Effekten und den Mangel an Hooks sind sie jedoch schwer fassbar. So verkommt die Introspektive allzu schnell zur Hintergrundmusik.
Wenn die Platte als Reaktion auf die Spekulationen und Gerüchte der letzten Zeit gedacht war, muss davon ausgegangen werden, dass Justin Bieber die Stabilität, nach der er sucht, noch nicht gefunden hat. Und stattdessen nach wie vor zwischen Familie (wie im Song «Go Baby»), seinem Glauben («Forgiveness») und Sex («Sweet Spot») hin und her stolpert.
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