Rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer will Lieferando entlassen - und das Liefergeschäft künftig stärker auf Subunternehmen auslagern. Erst kürzlich hatten Lieferando-Fahrer für bessere Bedingungen gestreikt.

Der Essens-Lieferdienst Lieferando will ab dem kommenden Jahr bundesweit rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer entlassen, viele davon in Hamburg. Das entspreche rund 20 Prozent der gesamten Flotte, teilte Lieferando mit. Grund sei, dass die Plattform bei der Auslieferung auf der sogenannten letzten Meile künftig stärker mit Subunternehmen zusammenarbeiten werde.

"Die Wettbewerbslandschaft und der Markt ändern sich immer rasanter und tiefgreifender", sagte Deutschlandchef Lennard Neubauer der Nachrichtenagentur dpa. "Kunden erwarten zuverlässigen Service und kurze Bestellzeiten." Mancherorts könne dies mit den derzeitigen Strukturen nicht ausreichend sichergestellt werden.

Hamburg besonders betroffen

Besonders in kleineren Märkten - etwa Wiesbaden, Lübeck oder Bochum - werde Lieferando künftig deshalb mit Logistik-Unternehmen zusammenarbeiten, sagte Neubauer weiter. Diese übernähmen die Auslieferung mit eigenen Fahrerinnen und Fahrern. Auch in Hamburg gehe Lieferando diesen Weg. Aufgrund ihrer Größe werde der Stellenabbau die Hansestadt besonders stark treffen.

Über die Maßnahmen solle heute der Gesamtbetriebsrat informiert werden. "Die Verhandlungen über einen Sozialplan sollen bei der Schwestergesellschaft so schnell wie möglich beginnen", betonte Neubauer.

Fahrer meist fest beim Unternehmen angestellt

Lieferando gehört zum niederländischen Lieferdienst Just Eat Takeaway. Das Geschäft in Deutschland wird von der Tochter Lieferando Marktplatz Gesellschaft geführt. Die Fahrerinnen und Fahrer waren über eine weitere Tochter, Takeaway Express, bisher fast ausschließlich fest beim Unternehmen angestellt. Das soll auch künftig für die meisten Fahrer so bleiben.

Rund fünf Prozent des Liefervolumens werde indes an spezialisierte Drittanbieter ausgelagert, hieß es. Das Konzept wurde bereits in Berlin mit einem Subunternehmen getestet. Auch in der Hauptstadt soll das in einigen Bezirken weiter so umgesetzt werden. "Das ist so ziemlich die wichtigste und kritischste Komponente der ganzen Geschichte: Die Kriterien der Flottenpartner, mit denen wir zusammenkommen wollen", sagte Neubauer. Es laufe ein strenger Auswahlprozess, um zu gewährleisten, dass die Fahrerinnen und Fahrer dort fest angestellt sind und entsprechend bezahlt werden.

Erst kürzlich Warnstreiks in Hamburg

Dass Lieferando die Fahrer meist direkt beschäftigt hatte, war auf Zuspruch bei Arbeitnehmervertretern gestoßen. Entsprechend groß dürfte nun der Aufschrei sein. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kämpft bereits seit Jahren um einen Tarifvertrag für die Lieferando-Beschäftigten und einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde. Mit der Auslagerung eines Teils des Liefergeschäfts an Drittunternehmen dürfte die NGG es schwerer haben, für einheitliche Beschäftigungsverhältnisse zu sorgen.

In Hamburg hatte die Gewerkschaft die Arbeitnehmer erst vergangene Woche zu einem 36-stündigen Warnstreik aufgerufen. Es sei der Auftakt zu weiteren Arbeitsniederlegungen in ganz Deutschland, hieß es. Hintergrund sei die Weigerung von Just Eat Takeaway, über einen Tarifvertrag für die Beschäftigten zu verhandeln. Zudem warf die Gewerkschaft dem Mutterkonzern vor, eine sogenannte Schattenflotte aufzubauen - also das Liefergeschäft auf Subunternehmen auszulagern.

Allein in Berlin seien in den vergangenen Monaten rund 500 Arbeitsplätze bei Lieferando abgebaut worden, klagte die NGG. Und nicht nur das: Oft würden die gekündigten Beschäftigten zeitnah durch Subunternehmen kontaktiert, um ihnen einen neuen Vertrag zu deutlich schlechteren Konditionen anzubieten.

Kritik an Verhältnissen bei Drittunternehmen

Lieferando verweist darauf, dass die Zusammenarbeit mit Subunternehmen im Markt gängige Praxis sei. Tatsächlich gehen auch Wettbewerber wie Uber Eats und Wolt so vor. Oft sind die Fahrer dabei selbstständig unterwegs, Arbeitnehmervertreter kritisieren ausbeuterische Verhältnisse und weit verbreitete Scheinselbstständigkeit.

Das Problem ist EU-weit so groß, dass die EU-Kommission eine Plattformrichtlinie erlassen hat, um Scheinselbstständigkeit im Plattformgeschäft zu unterbinden. Diese muss auf nationaler Ebene noch umgesetzt werden.

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