Der Euro ist seit Jahresbeginn zum Dollar massiv gestiegen. Der starke Euro ist eine Entlastung für Verbraucher - doch für deutsche Unternehmen wird er zum Problem.

US-Präsident Donald Trump hat dem Dollar kein Glück gebracht: Seit seinem Amtsantritt ist die US-Devise massiv unter Druck geraten. Trumps erratische Zollpolitik brachte das Image des Dollar als sicherer Hafen und Weltreservewährung ins Wanken.

Einer der großen Profiteure dieser Entwicklung ist der Euro: Seit dem Amtsantritt Trumps hat die europäische Gemeinschaftswährung zum Dollar massiv aufgewertet, zeitweise erreichte sie mit 1,1826 Dollar den höchsten Stand seit rund vier Jahren. Zum Vergleich: Im Januar hatte der Euro noch bei 1,03 Dollar notiert.

Run auf europäische ETFs - wegen Trump

Dabei ist der starke Euro nicht zuletzt ein Spiegelbild der schleichenden, aber konsequenten Verlagerung der internationalen Kapitalströme. Viele Investoren zogen seit dem Amtsantritt Trumps ihr Kapital aus den USA ab und investierten verstärkt in Europa.

So flossen laut dem französischen Vermögensverwalter Amundi im ersten Halbjahr 2025 rund 151 Milliarden Euro in europäische ETFs - das ist ein Plus von 48 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Andreas Pfitzner vom deutschen Vermögensverwalters Eyb & Wallwitz sieht im aktuellen Euro-Dollar-Kurs denn auch ein "klares Signal für die sinkende Attraktivität der USA als Anlageziel".

Sprit günstiger, weniger Inflation, sinkende Zinsen

Für deutsche Verbraucher ist der starke Euro erst einmal eine positive Nachricht - und das nicht nur für USA-Urlauber. Elektronik, Kleidung oder andere Waren, die aus dem Dollar-Raum importiert werden, werden tendenziell günstiger, kann man doch für einen Euro mehr kaufen.

Auch an der Tankstelle macht sich der starke Euro positiv bemerkbar, schließlich wird Rohöl an den Rohstoffmärkten in Dollar gehandelt: Steigt der Euro/Dollar-Kurs, so führt dies zu Preissenkungen (in Euro) der in Dollar gehandelten Rohstoffe. Heizöl, Benzin und Diesel werden damit hierzulande - unter sonst gleichen Bedingungen - günstiger.

Das bedeutet einen sinkenden Inflationsdruck im Euroraum: Der starke Euro wirkt wie eine Bremse auf die Verbraucherpreise, die "importierte Inflation" sinkt. Das erweitert den Spielraum der Europäischen Zentralbank (EZB) für Zinssenkungen, wovon wiederum Kreditnehmer und Immobilienkäufer profitieren.

Sinkende Preise für Kraftstoffe und Heizöl Im laufenden Jahr sind in Deutschland die Preise für Kraftstoffe und Heizöl bislang in jedem Monat im Vergleich zum Vorjahreszeitraum teils deutlich gefallen und haben damit zum Rückgang der Inflationsrate maßgeblich beigetragen. So gingen etwa im Juni die Preise für Kraftstoffe um 4,6 Prozent zurück, leichtes Heizöl verbilligte sich um 5,6 Prozent. Das lag aber nicht nur am starken Euro, sondern auch an den gestiegenen Fördermengen des Ölkartells OPEC, der schwächeren globalen Nachfrage und den unsicheren Wachstumsaussichten infolge der US-Zollpolitik.

Starke Belastung für Exportunternehmen

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stehen große Nachteile für deutsche Unternehmen. Denn der starke Euro verteuert deutsche Produkte im Ausland und drückt damit die Nachfrage. "Für unsere exportorientierten Unternehmen stellt dies eine Belastung dar", betont denn auch der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) Volker Treier.

Wie sehr die deutsche Volkswirtschaft von Ausfuhren abhängig ist, zeigt ein Blick auf die Exportquote - 2024 lag sie bei 42,1 Prozent. Das bedeutet: 42,1 Prozent des gesamten deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) wurden durch den Export von Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet. Zum Vergleich: 1993 waren es noch 19,9 Prozent gewesen.

SAP beziffert negative Währungseffekte

Hinzu kommt: Im Ausland erzielte Erlöse und Gewinne sind beim Rücktausch in Euro weniger wert. Für Unternehmen, die einen Großteil ihrer Umsätze im Ausland erzielen, ist der starke Euro damit ein Nachteil. Ein gutes Beispiel für diesen Effekt ist SAP: Für den wertvollsten börsennotierten Konzern Europas sind die USA der größte Markt - bei der Umrechnung in Euro bleibt von Umsatz und Gewinn dementsprechend weniger übrig.

Aktuell geht SAP bei seinen Jahreszielen noch von einem durchschnittlichen Wechselkurs von 1,08 Dollar je Euro aus. Sollte der Wechselkurs aber für den Rest des Jahres bei 1,17 Dollar liegen, so würde das laut SAP-Berechnungen beim Umsatzwachstum in der Cloud 3,5 Prozentpunkte und beim operativen Ergebnis 3,0 Prozentpunkte kosten.

Für Unternehmen wie SAP, die eine hohen Anteil ihres Umsatzes in Dollar erzielen, werden Währungsabsicherungen damit immer wichtiger, wollen sie ihre Gewinne und Margen vor negativen Wechselkursentwicklungen schützen.

Fallende Gewinne und Aktienkurse?

Und SAP ist keine Ausnahme: Der starke Euro dürfte viele Unternehmen in der Eurozone bereits in der laufenden Berichtssaison massiv belasten, sind Experten überzeugt. "Die allgemeine Erwartung ist, dass der Gewinn je Aktie im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent sinkt, das wäre ein Fünf-Quartals-Tief", betont Laurent Denize vom Vermögensverwalter Oddo BHF. Hauptgründe seien schwächere Umsätze - und der starke Euro.

"Aus unserer Sicht stehen wir erst am Anfang der Dollar-Baisse", so Denize. Der Anlageexperte rechnet daher für die kommenden Monate mit einer Konsolidierungsphase an den europäischen Aktienmärkten. Fakt ist: Vor allem für den von exportorientierten Unternehmen dominierten DAX dürfte der starke Euro zum Risiko werden.

Konsequenzen auch für Arbeitnehmer

Sollten sich die negativen Effekte des starken Euro nun zunehmend in den Bilanzen der deutschen und europäischen Konzerne widerspiegeln, so wäre das aber nicht nur für deren Aktionäre eine negative Botschaft. Denn leiden die deutschen Unternehmen, so schlägt das unmittelbar auf die Konjunktur und - mit entsprechender Verzögerung - auch auf die Arbeitsplätze hierzulande durch.

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