Die Bundesregierung hält an ihrem Nahost-Kurs fest und hält die Anerkennung eines palästinensischen Staates zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. „Die Bundesregierung hält an der Überzeugung fest, dass nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung dauerhaft Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser bringen wird“, erklärte Regierungssprecher Stefan Kornelius. „Die Anerkennung eines palästinensischen Staates betrachtet sie weiter als einen der abschließenden Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung.“
Israels Sicherheit habe dabei für die Bundesregierung „übergeordnete Bedeutung“, betonte Kornelius. „Die Bundesregierung plant insofern nicht kurzfristig einen palästinensischen Staat anzuerkennen.“
Deutschland fordert die israelische Regierung aber auf, die Menschen im Gaza-Streifen umgehend mit allem Nötigen zu versorgen. „Israel muss die katastrophale humanitäre Lage in Gaza sofort und drastisch verbessern.“ Die israelische Regierung müsse der leidenden Zivilbevölkerung eine dringend notwendige Versorgung zukommen lassen. Außerdem müsse es „jetzt einen Waffenstillstand in Gaza“ geben. Alle von der Hamas entführten Geiseln müssten freikommen, und die Terrorgruppe müsse entwaffnet werden. „Eine tragfähige politische Perspektive für Gaza ist notwendig, damit aus einem befristeten Waffenstillstand dauerhafter Frieden werden kann“, heißt es in der Erklärung von Sprecher Kornelius weiter.
Die deutsche Regierung behalte sich zugleich weitere Schritte vor: „Wenn Fortschritte ausbleiben“, sei sie bereit, „den Druck zu erhöhen“. Wie genau dies aussehen könnte, blieb offen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte am Donnerstag erklärt, er wolle bei der UN-Generalversammlung im September einen palästinensischen Staat offiziell anerkennen. Er begründete den Schritt mit Frankreichs „historischem Engagement für einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten“. Die Hamas begrüßte Macrons Ankündigung. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hingegen sprach von einer „Belohnung für Terror“.
BSW fordert Anerkennung
In Deutschland traf Macrons Ankündigung auf unterschiedliche Reaktionen. BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht bezeichnete die Entscheidung Frankreichs „eine bemerkenswerte Entscheidung des französischen Präsidenten“. Sie sagte dem Nachrichtenportal „t-online“, auch Deutschland solle Palästina als Staat anerkennen. Stattdessen isoliere sich die Bundesregierung mit ihrer Israel-Politik immer weiter.
Wagenknecht betonte, die Bundesregierung mache sich „mitverantwortlich für Kriegsverbrechen und Hungertote in Gaza, wenn sie Netanjahu weiter Waffen liefert“. Die SPD dürfe sich nicht mehr nur länger empören, sondern müsse einen Kurswechsel in der Nahost-Politik durchsetzen oder die Bundesregierung verlassen. Abschließend warnte Wagenknecht: „In Gaza droht ein Völkermord!“
Union: „Es ist das völlig falsche Signal“
Kritik am französischen Vorstoß kommt hingegen aus der Union. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, lehnt die Anerkennung eines palästinensischen Staates zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. „Die Anerkennung Palästinas als eigenständiger Staat sollte am Ende des Friedensprozesses im Nahen Osten stehen und auch die Klärung des Rechtsstatus Jerusalems und Verfassungsfragen umfassen“, sagte Hardt. „Dem Ziel zweier gleichberechtigter demokratischer Staaten – des demokratischen, jüdischen Staates Israel und eines palästinensisch-demokratischen Staates Palästina, die sich wechselseitig respektieren – kommen wir durch die Anerkennung keinen Schritt näher“, betonte der CDU-Politiker. „Sie bleibt rein symbolisch und wird in Israel als Affront betrachtet.“
Ähnlich äußert sich CSU-Generalsekretär Martin Huber. „Es ist das völlig falsche Signal, zum jetzigen Zeitpunkt einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Damit wird die Hamas für ihren Terror belohnt“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Eine Zwei-Staaten-Lösung sei nur möglich, wenn die Hamas zerschlagen sei, Frieden herrsche und das Existenzrecht Israels im Nahen Osten nicht mehr angezweifelt würde.
Auch Norwegen sowie die EU-Länder Irland und Spanien wollen Palästina als Staat anerkennen. Weitere fast 150 UN-Mitgliedstaaten tun dies bereits. Wichtige westliche Länder zählen aber bislang nicht dazu, weshalb der französische Vorstoß ein Novum darstellt.
Großbritannien unterstützt grundsätzlich die Anerkennung eines Palästinenser-Staates, sieht die Priorität derzeit jedoch an anderer Stelle. Zuvor müsse das Leid im Gazastreifen gelindert und ein Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas erreicht werden, sagte Technologieminister Peter Kyle dem Sender Sky News.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.