Die Deutsche Bahn kämpft an vielen Fronten: Es geht um mehr Pünktlichkeit, ein besseres Schienennetz, mehr Wirtschaftlichkeit. Dass sie es dabei so schwer hat, hat viele Gründe.

Die staatliche Deutsche Bahn hat im ersten Halbjahr dieses Jahres 760 Millionen Euro Verlust gemacht. Das ist weniger als die Hälfte des Verlustes im Vorjahrszeitraum. Die Umsätze im Fern- und Regionalverkehr wurden deutlich gesteigert. Hilfreich waren auch höhere Zuschüsse des Staates und Erlöse aus dem Verkauf der Tochtergesellschaft Schenker. Das offizielle Kommuniqué hebt die Senkung der Sachausgaben von 100 Millionen hervor, erwähnt aber die Steigerung des Personalaufwands um 600 Millionen Euro nicht.

Mehr Fahrgäste, aber weniger Geschäftsreisende

Im ersten Halbjahr fuhren gut 940 Millionen Reisende mit der Bahn, das sind 25 Millionen Menschen mehr als im Vorjahreszeitraum. Weil Züge unpünktlich sind, nutzen Geschäftsleute allerdings immer weniger die Bahn, sagte Vorstandsmitglied Martin Seiler.

Von zahlreichen Bahnreisen gibt es eine Geschichte zu erzählen. Oft sind es keine erfreulichen. Das hängt mit schlechten Abläufen, mangelhafter Kundeninformation und gering ausgeprägter Servicekultur zusammen. Vor allem aber hängt es an nicht funktionierender Technik und an vernachlässigten Gleisanlagen.

Mammutprojekt Generalsanierung

2023 versprach der Geschäftsbericht, es werde "für die Bahn von morgen" gebaut. 2024 hieß es "Zurück auf Kurs". Nachdem das Konzept "Starke Schiene" nicht richtig gezündet hatte, war das Sanierungsprogramm "S3" entwickelt worden, das weite Teile des Konzerns umfasst. Bahnchef Richard Lutz äußerte sich erfreut über den Gang der Unternehmenssanierung.

Vergangenes Jahr begann die Bahn mit großangelegten Generalsanierungen langer Bahnstrecken. Dank soliden Managements gelang das Pilotprojekt Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim. Am Freitag beginnen jetzt die Arbeiten an der Verbindung Berlin - Hamburg. Neun Monate lang wird die Strecke zwischen den größten deutschen Städten gesperrt. Insgesamt hat die Bahn ihre Generalsanierungen abgespeckt und zeitlich deutlich gedehnt.

Anhaltende Finanznot

Die Bundesrepublik und zu kleinen Teilen die EU haben vergangenes Jahr acht Milliarden Investitionszuschüsse und 3,5 Milliarden Euro an sonstigen Zuschüssen gezahlt. Doch auch das genügt nicht, um nötige Investitionen zu bezahlen. Die Bahn erwirtschaftet längst nicht das Geld ("Cash Flow"), das sie für ihre Investitionen aus eigener Kasse zahlen muss. Die Folge ist eine enorme Verschuldung.

Durch Verkauf der Speditionstochter Schenker an ein dänisches Unternehmen sind 14,3 Milliarden Euro in die Kasse gekommen. 10,5 Milliarden wurden für Schuldentilgung verwendet. Doch was dann? Schenker war die einzige Sparte, die dauerhaft hohen Gewinn machte (2024: 1,2 Milliarden vor Steuern).

Komplizierter Konzern

Das Geschäftsmodell der Deutschen Bahn ist hoch komplex und bisweilen unübersichtlich. Eine Gesellschaft für Infrastruktur betreibt Gleise und Bahnhöfe. Da das vom Staat subventioniert wird, arbeitet dieser Immobilienbetreiber der Bahn wirtschaftlich ausgeglichen. Drei Tochterunternehmen lassen Züge rollen: Fernverkehr, Nahverkehr und Güterverkehr.

Der Fernverkehr bringt jährlich knapp sechs Milliarden Euro Umsatz und war lange profitabel. Zuletzt wurden mit dauernden Zugausfällen, massiven Verspätungen und mehr als 150 Millionen Euro Schadenersatz für Kunden Betriebsverluste eingefahren. Der Regionalverkehr macht gut zehn Milliarden Jahresumsatz. Mehr als die Hälfte wird von Bundesländern gezahlt, die Nahverkehrsverbindungen einkaufen. Das Geschäft läuft damit einigermaßen profitabel.

Sorgenkind Güterverkehr

Das große Sorgenkind der Konzernmutter ist der Güterverkehr. Die DB Cargo machte vergangenes Jahr gut fünf Milliarden Euro Umsatz. Im ersten Halbjahr dieses Jahres kamen knapp 100 Millionen Betriebsverlust zusammen, das sind 160 Millionen weniger als im Vorjahreszeitraum.

DB Cargo hat sich von unwirtschaftlichen Geschäften getrennt. Für Deutschland heißt das: Es wurde fast ein Fünftel weniger Fracht transportiert als im ersten Halbjahr 2024. Damit sinkt der Marktanteil von DB Cargo weiter, während der Markt für Bahnfracht insgesamt steigt. Private Güterbahnunternehmen hatten in Deutschland Ende vergangenen Jahres schon 40 Prozent Marktanteil. Es sind teils Tochtergesellschaften ausländischer Bahnen. Im Unterschied zur großen DB Cargo fahren sie profitabel.

Bislang werden die Verluste von DB Cargo im Konzern aufgefangen. Doch die EU-Kommission hat entschieden, dass das Subventionen sind, die private Konkurrenten nicht bekommen. Daher ist nächstes Jahr Schluss. "Eine wesentliche Unsicherheit bei der DB Cargo AG, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen kann und ein bestandsgefährdendes Risiko darstellt", attestierte der Wirtschaftsprüfer in seinem Bericht über das Konzerngeschäftsjahr 2024.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.