Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi hält den Sozialstaat anders als Bundeskanzler Friedrich Merz weiter für finanzierbar. „Ich bin auch der Überzeugung, dass wir eine Modernisierung des Sozialstaats brauchen“, sagte Fahimi dem Tagesspiegel (Donnerstag): „Leistungskürzungen sind für mich dabei ausgeschlossen.“ Stattdessen brauche es mehr Effizienz sowie Gerechtigkeit.
In der Debatte um das Bürgergeld warf die Gewerkschafterin Merz und den Arbeitgebern Unseriosität vor. „Er und viele andere machen den Fehler, nominale Werte zu vergleichen“, sagte Fahimi dem Tagesspiegel. „Es ist völlig unseriös, nur mit den absoluten Zahlen zu hantieren. Es gibt keinen Aufwuchs beim Bürgergeld.“ Wenn man die Ausgaben mit dem Haushalt oder der Wirtschaftsleistung ins Verhältnis setze, seien sie sogar leicht gesunken.
Trotzdem sieht auch sie Handlungsbedarfe im Bürgergeld-System. „Ich sehe eine Notwendigkeit, die organisierten kriminellen Banden und deren Machenschaften schonungslos aufzudecken und zu unterbinden.“ Menschen aus Südosteuropa würden nach Deutschland gelockt, in überbelegten Schrottimmobilien untergebracht und mit fingierten Arbeitsverträgen ausgestattet, um schließlich zum Amt geschickt zu werden. „Diese kriminellen Machenschaften müssen wir abstellen“, sagte sie. Weiteren Handlungsdruck gebe es bei Aufstockern. „Das ist nichts anderes als ein steuerfinanzierter Kombi-Lohn.“ Das könne man nicht länger tolerieren.
„Ein neuer Tiefpunkt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“
Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi hat DIW-Präsident Marcel Fratzscher für dessen Rentenvorschläge scharf kritisiert. „Das ist menschenunwürdig, ein Eingriff in die individuelle Freiheit und ein neuer Tiefpunkt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung“, sagte Fahimi dem Tagesspiegel (Donnerstagausgabe): „Solche Vorschläge kann man nur machen, wenn man von der Lebensrealität der Menschen keine Ahnung hat.“
Fahimi bezog sich dabei auf jüngste DIW-Vorschläge wie den Boomer-Soli oder ein verpflichtendes Jahr für Rentner, mit denen die Generationengerechtigkeit im Rentensystemen gestärkt werden soll. „Sie sind genauso daneben wie das Dauerfeuer seitens der Arbeitgeber, zum Beispiel Pflegekarenzzeiten einzuführen“, sagte Fahimi. Über ein Fünftel der Pflegebedürftigen sterbt innerhalb der ersten zwölf Monaten. „Wer ein Karenzjahr vorschlägt, setzt darauf, dass tausende pflegebedürftige Menschen einfach sterben ohne Leistungen zu erhalten, und dass, obwohl sie jahrelang in die Kassen eingezahlt haben“, so die Gewerkschafterin: „Das ist perfide.“
Kürzlich hatte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) für eine radikale Pflegereform geworben. Dazu forderte die BDA auch ein Karenzjahr für Pflegebedürftige. Ziel sei es, Unternehmen und Beschäftigte als Beitragszahler nicht noch stärker zu belasten.
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