Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie steckt in der Krise. Die Auslastung der Anlagen ist so gering wie zuletzt 1991. Eine kurzfristige Besserung erwartet die Branche nicht.

Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie hat im zweiten Quartal dieses Jahres einen deutlichen Rückschlag erlitten. Produktion, Umsatz und Preise gaben nach, die Auslastung der Anlagen fiel auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahrzehnten, wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mitteilte.

"Im Inlandsgeschäft blieb die erhoffte Trendwende aus. Der Auftragsmangel verschärfte sich sogar", hieß es vom VCI. Demnach drosselten viele Kunden aus der Industrie ihre Produktion und hielten sich mit Chemikalienbestellungen zurück. Wichtige Kunden sind unter anderem die Auto- und die Bauindustrie.

Die schwierige Lage der Branche zeigt sich vor allem bei der Auslastung der Anlagen. Sie erreichte 71,2 Prozent und damit den niedrigsten Wert seit 1991. "Damit blieb die Auslastung weit unter der Rentabilitätsschwelle. Eine Besserung ist kurzfristig nicht in Sicht", teilte der Verband mit. Die Geschäftserwartungen hätten sich definitiv eingetrübt.

"Ein weiterer Härtetest für die Chemie"

Die Produktion sank gegenüber dem Vorquartal um 3,8 Prozent und lag 3,1 Prozent unter dem Vorjahreswert. Der Branchenumsatz schrumpfte um 5,2 Prozent auf 52,2 Milliarden Euro und lag damit 2,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Auch die Erzeugerpreise standen unter Druck: Sie gingen um 0,6 Prozent zurück.

"Das zweite Quartal war für die Chemie ein weiterer Härtetest", sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. Nach seinen Angaben "zündeln geopolitische Krisen und politischer Zickzack an der Wirtschaft". Die Unsicherheit in Chemie- und Pharmaunternehmen sei riesig und lähme das Geschäft.

Große Entrup setzt auf die Bundesregierung. Bürokratie und strukturelle Standortdefizite müssten abgebaut werden. "Die Feuerwehreinsätze des Kanzlers auf internationalem Parkett waren richtig und wichtig. In den zweiten 100 Tagen muss die Regierung die versprochene spektakuläre Aufholjagd starten."

Verband hält an Prognose fest

Das Auslandsgeschäft von Chemie und Pharma war ebenfalls rückläufig. Der Rückgang war hier allerdings absehbar: Denn zu Jahresbeginn kam es im wichtigen US-Geschäft zu Vorzieheffekten. Die Ausfuhren wurden in Erwartung von Zöllen vorübergehend hochgefahren.

An seiner Jahresprognose hält der Verband dennoch fest: Für 2025 rechnet er insgesamt mit stagnierender Produktion. In der Chemie wird ein Rückgang von zwei Prozent erwartet, der Branchenumsatz dürfte um ein Prozent auf 221 Milliarden Euro sinken. Weder im Inlands- noch im Auslandsgeschäft zeichne sich derzeit eine Trendwende ab.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.