Zimmer in Wohngemeinschaften sind für Studenten in vielen Städten kaum noch bezahlbar. Laut Analyse-Institut empirica steigen WG-Mieten doppelt so stark wie die allgemeinen Lebenskosten - was Folgen hat.
"Hausen in München oder Leben in Siegen?" Diese Frage mussten sich viele junge Menschen vor dem Beginn des Wintersemesters stellen. Wo kann man es sich überhaupt leisten, zu studieren - und zu wohnen? Der Frage geht auch eine Untersuchung des Forschungsinstitus empirica zu den WG-Mieten im Wintersemester 2025 nach.
"Leben in Siegen" kann man laut empirica jedenfalls vergleichsweise günstig. Rund 350 Euro warm kostet hier ein WG-Zimmer im Mittel. In München werden als Standardpreis 750 Euro aufgerufen - mehr als doppelt so viel. Die vermutlich höheren sonstigen Lebenshaltungskosten in der bayerischen Landeshauptstadt sind in der Rechnung nicht enthalten, kommen in der Realität aber noch hinzu.
Studieren, wo es günstiger ist
Wo studiert wird, darüber entscheidet heute auch das individuelle Budget - wegen der enormen Unterschiede bei den Mieten. "Früher hat man eher geguckt: Was ist in Wohnortnähe?", sagt Reiner Braun von empirica. "Oder: Wo ist gutes Lehrpersonal?" Mittlerweile sei die Miete aber ein wichtiger Faktor. "Es wird zunehmend ein Kriterium", so Braun.
Aus den Statistiken lässt sich eine Faustformel ableiten: Je kleiner die Unistadt und als je weniger renommiert sie gilt, desto attraktiver sind die WG-Zimmermieten. Die spiegelten aber nur den allgemeinen Trend wieder, so Braun. "Wenn man vergleicht: WG-Mieten und andere Mieten sind ähnlich gestiegen."
74 Prozent Preissteigerung seit 2012
Braun und seine Kollegen haben auch errechnet, dass die Preissteigerung für ein WG-Zimmer seit 2012 in einer durchschnittlichen deutschen Unistadt 74 Prozent beträgt. Zum Vergleich: die Verbraucherpreise insgesamt sind im selben Zeitraum lediglich um 32 Prozent gestiegen. Die Datengrundlage der Untersuchung sind mehr als 100.000 Mietinserate für WG-Zimmer in mehr als 120 Städten - den Universitätsstandorten.
Mit jedem Semesterstart, besonders vor dem Winter, stehen junge Menschen also vor einem immer größeren Problem. "Das Grundproblem bleibt: wir haben Knappheit am Wohnungsmarkt", resümiert Braun. Die Zeiten billiger "Studentenbuden" sind vorbei. Ein Grund dafür: es gibt schlicht mehr Studenten als früher. Die aber können sich nicht auf mehr WGs verteilen.
Laut Braun, weil insgesamt zu wenig gebaut wurde, insbesondere in den Speckgürteln der Metropolen. Dort aber sei man früher klassischerweise nach dem Studium hingezogen - was die Innenstädte entlastet habe. "Die WG-Miete ist ein bisschen wie eine Einstiegsdroge. Heute bleiben mehr Hochschulabsolventen in den Städten", sagt Braun. Das verschärfe die Knappheit zusätzlich.
Für Menschen, die sich manche Städte schlicht nicht leisten können, bleibe eigentlich nur ein Ausweg: "Was der Einzelne tun kann, ist nicht in München zu studieren. Sondern beispielsweise in Jena oder Erfurt, in Siegen oder Kassel. Das sind alles keine zweitrangigen Universitäten", so Braun.
Es muss mehr gebaut werden
Schnell sei der Effekt nicht zu beseitigen, meint Braun. Es helfe nur das, was schon so häufig von Politikern und Experten gefordert wurde: "Mehr bauen. Das heißt mehr Bauland - aber das heißt auch: mehr versiegeln." Denn in den Innenstädten sei meist nicht mehr viel Potenzial für Bauland vorhanden. Es blieben nur die Speckgürtel der Metropolen.
Ein Ausbau dort hätte dann auch Effekte auf die Innenstädte und damit auf WG-Zimmermieten. Doch erst langfristig. "Auch wenn im Umland keine Studentenwohnungen entstehen - den Sickereffekt gibt es aber dennoch. Damit würde die Nachfrage in den Innenstädten sinken", so Braun. Ein großer Aufwärtstrend der Bautätigkeit dort ist aber momentan nicht zu erwarten.
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