In der schwarz-roten Koalition wird einem „Bild“-Bericht zufolge über eine mögliche Abschaffung des Pflegegrads 1 diskutiert. Hintergrund sind demnach die finanziellen Probleme in der Pflegeversicherung. Führende Politiker von Union und SPD hätten bestätigt, dass über eine solche Kürzung nachgedacht werde, heißt es in dem Bericht.

Offizielle Aussagen dazu waren zunächst nicht zu erhalten. Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums verwies auf Anfrage lediglich auf eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern, die derzeit Vorschläge für eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung erarbeitet.

861.000 Menschen mit Pflegegrad 1

Die AG befasse sich umfassend mit allen Einnahmen und Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung. „Dies umfasst unter anderem auch die Pflegegrade und deren Ausrichtung, um weiterhin eine zielgerichtete Versorgung sicherzustellen“, so die Sprecherin. Ergebnisse könnten nicht vorweggenommen werden, damit die Kommission offen diskutieren könne. Erste Zwischenergebnisse seien im Oktober zu erwarten.

Mit dem Pflegegrad (Stufen 1 bis 5) wird der jeweilige Unterstützungsbedarf pflegebedürftiger Menschen festgelegt, unter anderem abhängig davon, wie selbstständig jemand im Alltag etwa beim Anziehen, Toilettengang oder der Verpflegung noch ist. Pflegegrad 1 steht für geringe Beeinträchtigungen, Pflegegrad 5 für einen sehr hohen Unterstützungsbedarf. Laut Bundesgesundheitsministerium hatten Ende 2024 rund 4,8 Millionen Menschen einen Pflegegrad, davon 861.000 Pflegegrad 1.

Bei Pflegegrad 1 bekommen pflegende Angehörige kostenfreie Pflegekurse. Es gibt finanzielle Zuschüsse zum Beispiel zum Einbau einer barrierefreien Dusche und für Pflegehilfsmittel wie Betteinlagen. Außerdem werden pro Monat bis zu 131 Euro (sogenannter Entlastungsbetrag) erstattet, etwa wenn ein Pflegedienst beim Duschen, Einkaufen oder Wäsche waschen hilft.

Die Kosten für die Pflege steigen wegen der Alterung der Gesellschaft und der Zunahme Pflegebedürftiger. Die Pflegeversicherung steckt in Finanznöten. Die im Sommer eingerichtete Bund-Länder-AG soll Vorschläge für eine Reform der Pflegeversicherung machen, die im kommenden Jahr in ein Gesetzgebungsverfahren einfließen sollen.

Kritik von Opposition und Verbänden

Kritik an den Überlegungen kam von der Opposition und von Verbänden. Statt dringend notwendiger Entlastung und der Streichung von Hilfen im Alltag müsse Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dafür sorgen, dass die sechs Milliarden Euro Corona-Mehrkosten in die Pflegeversicherung zurückfließen, forderte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Simone Fischer. „Außerdem ist ein Kostenausgleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung dringend geboten.“

Der Paritätische Wohlfahrtsverband nannte eine mögliche Abschaffung des Pflegegrads 1 „ein fatales Signal“. Davon seien nicht nur Menschen mit leichten Einschränkungen betroffen, sondern auch deren pflegende Angehörige. „80 Prozent der Menschen in der Pflege werden zu Hause betreut“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

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