Donald Trump will die USA zum "unangefochtenen Marktführer" bei digitalen Vermögenswerten machen und Käufer schützen. Kritiker halten Europa für unzureichend aufgestellt.
Es waren große Töne, die US-Präsident Donald Trump im Juli bei der Unterzeichnung des "Genius Act" von sich gab: "Das Gesetz wird Amerika zum unangefochtenen Marktführer im Bereich digitaler Vermögenswerte machen und unserem Land massive Investitionen und Innovationen bringen", sagte Trump.
Das Gesetz sieht erstmals in den USA bundesweite Standards für Krypto-Assets wie Stablecoins vor. Doch was sind Stablecoins überhaupt - und was bringt das neue Gesetz?
Was ist ein Stablecoin?
Ein Stablecoin ist ein digitales Zahlungsmittel, das auf der Blockchain funktioniert und im Wert häufig 1:1 an klassische Währungen wie US-Dollar oder Euro gekoppelt ist. "Es ist wie eine Art Jeton, den man in einer Spielbank bekommt. Da kann ich auch kein echtes Geld auf den Tisch legen, sondern muss es umtauschen", sagte Peter Bofinger, Professor für VWL, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität Würzburg tagesschau.de.
Warum sind Stablecoins attraktiv?
Die Stablecoins werben mit weniger Volatilität als andere Kryptowährungen. Denn durch die Koppelung an den Dollar oder Euro, ist das Versprechen der Emittenten, dass sich Anleger genau den Beitrag an Dollar oder Euro ausbezahlen lassen können, den sie an Stablecoins besitzen. Viele Anleger nutzen die Stablecoins daher, um kurzfristig Geld von riskanteren Kryptowerten umzuschichten, ohne die Blockchain zu verlassen.
Viele Anleger nutzten Stablecoins aber auch schlicht, um Profit zu machen, etwa um Preisunterschiede auf verschiedenen Börsen auszunutzen, erklärt Co-Pierre Georg, Professor für Digital Finance and Technology an der Frankfurt School of Finance & Management tagesschau.de.
Was sind die prominentesten Stablecoins?
Der Markt ist vor allem durch zwei Unternehmen und deren Coins geprägt - durch Tether (USDT) und durch den USD Coin (USDC) des Unternehmens Circle. Laut Analysten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) entfallen auf sie rund 90 Prozent der Marktkapitalisierung aller Stablecoins.
Wie wichtig sind Stablecoins inzwischen?
Die Beliebtheit und das Volumen der Stablecoins wachsen rasant. Binnen zwei Jahren hat sich der Marktwert der im Umlauf befindlichen Stablecoins laut BIZ-Studie etwa verdoppelt - auf rund 225 Milliarden US-Dollar.
In einigen Regionen hat der Handel mit der Währung bereits ein nicht zu unterschätzendes Marktvolumen erreicht. So kommen Stablecoin-Transaktionen in Lateinamerika und der Karibik auf rund 7,7 Prozent des dortigen Bruttoinlandsprodukts, in Afrika und im Nahen Osten immerhin auf 6,7 Prozent, schätzen Analysten des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Wie sicher sind Stablecoins?
Ein Teil des Sicherheitsversprechens vieler Stablecoins ist, dass sie zu 100 Prozent durch liquide Reserven gedeckt sein sollen. Diese Reserven bestünden vor allem in den USA aktuell aus kurzfristigen US-Staatsanleihen, sagte Volkswirt Bofinger. Ein Vorteil, findet er: "Selbst wenn es eine Panik gäbe und zwei Drittel der Halter gleichzeitig ihr Geld zurückfordern würden, wäre es kein Problem, diese Positionen zu liquidieren." Hintergrund ist, dass US-Staatsanleihen als extrem sicher gelten, weil die US-Regierung praktisch als Ausfallgarantie fungiert.
In bisherigen Krisen, etwa als ein algorithmischer Stablecoin zusammengebrochen sei oder bei der Pleite der Silicon Valley Bank habe es keine größeren Verwerfungen gegeben, sagte Bofinger.
Was wenden Kritiker ein?
Auch wenn das generelle Versprechen vieler Stablecoins lautet, dass hinter den Tokens sichere Reserven stehen, mangelt es bisher teils an Transparenz, die zeigt, dass dem tatsächlich so ist. "Beim Branchenprimus Tether ist auffällig, dass dessen Bilanz bislang nicht von unabhängigen Wirtschaftsprüfern testiert wurde", sagt Ökonom Georg, der das Blockchain Center der Frankfurt School leitet. Tether halte zudem über seine Mutterfirma größere Mengen an Bitcoin, der sehr volatil ist. Nicht immer könnten Ansprüche zudem bei den Unternehmen selbst angemeldet werden.
Dazu kommen systemische Probleme: So warnt die Financial Action Task Force (FATF), das wichtigste internationale Gremium zur Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche, dass Stablecoins zunehmend für illegale Finanzströme genutzt werden, da ihr internationaler Zahlungsverkehr bisher nur lückenhaft reguliert ist. Zum anderen sehen Institutionen wie die Europäische Zentralbank oder die BIZ die Gefahr, dass Stablecoins Volkswirtschaften destabilisieren können - etwa, wenn sie in Schwellenländern die lokale Währung verdrängen.
Was ändert der Genius Act?
Der Genius Act aus den USA schreibt neue Regelungen zur Deckung und in Sachen Transparenz vor. Bei Insolvenzen sollen Anleger besser geschützt werden.
Allerdings reicht das vielen nicht: "Dieses schwache Gesetz ist schlechter als gar kein Gesetz", sagte etwa die demokratische Senatorin und Finanzexpertin Elizabeth Warren. Der Genius Act reduziere teilweise die Aufsichtsmöglichkeiten von wichtigen Bundesbehörden wie der SEC oder dem DOJ, kritisierte die Demokratin.
Die Anti-Korruptions-NGO Transparency International US kritisierte, dass das Gesetz die Verpflichtungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht auf den Sekundärmarkt wie digitale Handelsplattformen, Verwahrer und Broker ausdehne.
Warum ist Trump der Genius Act so wichtig?
Der Genius Act verlangt, dass Stablecoins durch liquide Vermögenswerte wie US-Dollar und kurzfristige US-Staatsanleihen gedeckt sein müssen. Das schafft Sicherheit, kommt aber dem US-Präsidenten auch politisch gelegen. Denn Trump will die Vormachtstellung des US-Dollars international weiter zementieren.
Für das notorisch auf Pump lebende Land ist es zudem ein Vorteil, wenn es eine stabile oder gar steigende Nachfrage nach US-Schuldscheinen gibt. Und: Trump will Unternehmen in die USA locken.
Nicht zuletzt gibt es aber auch immer wieder Kritik daran, dass Trump sich selbst ein Geschenk mit dem Gesetz gemacht hat. Denn Trumps Familie kontrolliert etwa die Krypto-Handelsplattform World Liberty Financial, die seit Kurzem ebenfalls einen eigenen Stablecoin herausgibt.
Wie ist Europa aufgestellt?
In Sachen Regulierung sehen die von tagesschau.de befragten Ökonomen Europa beim Thema Stablecoin hintenan. Das liege vor allem an der MiCA-Regulierung (Markets in Crypto-Assets Regulation) der EU, sagte etwa Bofinger: "Ich frage mich, wer auf die Idee gekommen ist, sich das auszudenken."
Die Regulierung gebe vor, dass signifikante Stablecoins in der EU 60 Prozent ihrer Mittel in Bankeinlagen halten müssen. "Nur: Wenn die Bank in eine Schieflage gerät, hat der Stablecoin ein Problem - und umgekehrt auch", kritisiert der Volkswirt. Das Problem: Die Banken haben selbst nur wenig Eigenkapital; große, institutionelle Bankanleger sind im Fall einer Pleite anders als Kleinanleger meist nicht hinreichend abgesichert.
Und auch Georg von der Frankfurt School of Finance & Management betont: "Mit MiCA sind die Europäer über das Ziel hinausgeschossen." Sinnvoller sei es, dass nur Zentralbankguthaben laut Gesetz als reservefähig betrachtet werden. "Zentralbanken können nicht pleitegehen. Dadurch kann es nie zu einer Panikreaktion der Anleger kommen." So eine Regelung sei in Europa nicht zuletzt durch die Banken verhindert worden, die Angst vor Depositenabflüssen hätten und Wettbewerb unterbinden wollten.
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