Die Spitzen von Union und SPD haben sich bei ihrem Koalitionsausschuss auf zentrale Reformvorhaben geeinigt. Das Bürgergeld soll der Vergangenheit angehören, so Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Für Sozialhilfeempfänger heißt es, versäumen sie Termine bei der Arbeitsagentur, müssen sie mit Kürzung oder gar Streichung ihrer Leistungen rechnen.
Die neue Grundsicherung im Wortlaut:
Das bisherige Bürgergeldsystem gestalten wir zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende um. Damit wollen wir erwerbsfähige Arbeitslose in dauerhafte Beschäftigung bringen. Hierzu haben wir uns auf die folgenden Punkte geeinigt:
Leistungsberechtigte sollen künftig verbindlich (inkl. Rechtsbehelfsbelehrung) direkt nach der Beantragung von Leistungen zu einem ersten persönlichen Gespräch eingeladen werden, um ihre individuelle Situation umfassend und einen Weg zurück in Arbeit zu besprechen.
Auf Basis dieses ersten Gesprächs wird zwischen Jobcenter und Leistungsberechtigten ein Kooperationsplan erstellt, der die gegenseitigen Rechte und Pflichten enthält. Kommt dieser Kooperationsplan nicht zustande, wird ein Verwaltungsakt erlassen. Diese enthält eine Rechtsmittel- und Rechtsfolgenbelehrung.
Wurde ein Kooperationsplan geschlossen, erlässt das Jobcenter einen Verwaltungsakt nach dem ersten Verstoß gegen die Rechte und Pflichten der Kooperationsvereinbarung. Dieser Verwaltungsakt ist mit einer Rechtsfolgen- und Rechtsmittelbelehrung zu versehen.
Wir wollen, dass insbesondere alleinstehende Leistungsberechtigte in Vollzeit arbeiten, um so ihre Bedürftigkeit zu beenden, und werden dies an entsprechender Stelle im SGB II konkretisieren.
Grundsätzlich gilt der Vermittlungsvorrang in Arbeit. Da, wo eine Qualifizierung mit Blick auf die dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt erfolgsversprechender erscheint, insbesondere bei den unter 30-Jährigen, sollte eine Qualifizierung Vorrang haben.
In diesem Zusammenhang wollen wir den Erwerbsfähigkeitsbegriff realitätsnäher definieren, damit Menschen, die auf Dauer nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden können, die für sie richtige Hilfe erhalten können.
Für Langzeitarbeitslose wollen wir eine engere Betreuung mit deutlich höherer Kontaktdichte. Alle Menschen im SGB II müssen ein konkretes und persönliches Angebot erhalten. Auch diejenigen, die sich schon im System befinden, werden verpflichtend zu einem persönlichen Gespräch (siehe oben) geladen.
Die Jobcenter clustern die Leistungsbezieher anhand der Arbeitsmarktnähe und richten die Intensität der Beratung und Betreuung auf dieses Kriterium aus.
Mütter und Väter mit Kindern unter drei Jahren sollen gezielt angesprochen werden: ab dem ersten Lebensjahr des Kindes besteht eine Beratungspflicht, und sofern Kinderbetreuung verfügbar ist, auch die Pflicht zur Teilnahme an Integrationsmaßnahmen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Betreuungsphasen zu dauerhaften Erwerbsunterbrechungen führen.
Neue Sanktionen
Meldeversäumnisse und Pflichtverletzungen sollen künftig konsequent sanktioniert werden; die bisherigen Sanktionsstufen entfallen.
Leistungsberechtigte, die einen ersten Termin im Jobcenter versäumen, werden unverzüglich zu einem zweiten Termin geladen. Wird dieser Termin nicht wahrgenommen, werden die Leistungen in Höhe von 30 Prozent gekürzt. Bleibt auch ein dritter Termin ungenutzt, werden die Geldleistungen komplett eingestellt. Erscheint der Leistungsberechtigte zum darauffolgenden Monat nicht, werden alle Leistungen einschließlich Kosten der Unterkunft komplett eingestellt. Dabei werden Härtefälle berücksichtigt, insbesondere wenn mögliche gesundheitliche oder andere schwerwiegende Gründe für das Nichterscheinen festgestellt werden.
Bei der ersten Pflichtverletzung gilt eine Leistungsminderung von 30 Prozent. Sofern der Leistungsberechtigte die Arbeitsaufnahme verweigert, werden im Einklang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Geldleistungen gestrichen. Die Leistungen für Kosten der Unterkunft sollen dann direkt vom Jobcenter an den Vermieter abgeführt werden.
Wir wollen Rehabilitations- und Gesundheitsangebote stärken, indem wir Mitarbeiter besser insbesondere mit Blick auf den Umgang mit psychischen Erkrankungen qualifizieren und Schnittstellen in der Verwaltung einfacher und gängiger gestalteten.
Bei der Vermögensanrechnung gibt es künftig keine Karenzzeit mehr. Stattdessen wird das Schonvermögen an die Lebensleistung der Betroffenen gekoppelt – zum Beispiel durch Orientierung an Alter und bisherige Beitragszeiten in der Arbeitslosenversicherung.
Bei unverhältnismäßig hohen Kosten der Unterkunft entfällt ebenfalls die Karenzzeit. Hierzu bedarf es einer unbürokratischen Lösung.
Ein weiterer Schwerpunkt der geplanten Reform ist die Bekämpfung von Sozialleistungsmissbrauch. Dazu zählen verschärfte Maßnahmen gegen Schwarzarbeit, eine verstärkte Arbeitgeberhaftung, eine klarere Fassung des Arbeitnehmerbegriffs im Rahmen der Freizügigkeit, ein verbesserter Datenaustausch sowie Schritte gegen die Vermieter von sogenannten Schrottimmobilien.
Um die Jobcenter von Bürokratie zu entlasten, wollen wir die temporäre Bedarfsgemeinschaft abschaffen. Der Elternteil mit der hauptsächlichen Betreuung erhält künftig den vollen Regelbedarf, während für den umgangsberechtigten Elternteil ein pauschalierter Mehrbedarf vorgesehen ist.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.