• Boris Pistorius wurde bei einem wichtigen Kompromiss zur Wehrpflicht übergangen.
  • Auch die Fraktionschefs von SPD und Union wirken unprofessionell, weil sie den zuständigen Minister in ihren Verhandlungen übergangen haben.
  • Der öffentliche Streit schadet der schwarz-roten Koalition, die sich nach ihrem schwierigen Start keine weiteren handwerklichen Fehler leisten kann.
  • Beim Losverfahren zur Wehrpflicht deutet sich ein Kompromiss an – nötig ist eine Lösung, die Akzeptanz findet und den Nachwuchsmangel der Bundeswehr behebt.

Da hat der Verteidigungsminister einmal laut auf den Tisch gehauen. Zurecht, aber wohl auch etwas zu spät. Dass über den Kopf von Boris Pistorius hinweg ein Kompromiss ausgehandelt wird, den er mehrfach, ausdrücklich abgelehnt hat, lässt den Verteidigungsminister nicht gut aussehen. Ausgerechnet der Vorzeigeminister der SPD wird von den eigenen Leuten überstimmt. Das musste eskalieren. Da hat Pistorius wohl auch der eigenen Fraktionsspitze gezeigt, wer der Herr im Haus ist. Alles andere hätte ihn beschädigt und den starken Mann neben Vizekanzler Klingbeil schwach erscheinen lassen.

Spahn und Miersch wirken unprofessionell

Der Krach um die Wehrpflicht wirft auch auf die Fraktionschefs von Union und SPD kein gutes Licht. Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD) hatten den Kompromiss schon als gute Verhandlungsbasis angepriesen. Die Bedenken vom zuständigen Fachminister dabei zu ignorieren, erscheint wenig klug. Was stehen bleibt, ist ein unnötiger politischer Streit, der unprofessionell wirkt.

Und gerade das kann sich Schwarz-Rot nach dem holprigen Start nicht leisten. Solche handwerklichen Fehler, die zudem lautstark nach außen dringen, sollten die Koalitionäre künftig vermeiden. In der Sache muss sich an dieser Stelle allerdings auch die Union fragen, ob das Drängen auf eine Korrektur beim geplanten Wehrdienstgesetz wirklich zielführend war. Man hätte die offenen Fragen auch im parlamentarischen Verfahren klären können.

Kompromiss in Sicht?

Und vielleicht hat der CSU-Chef an dieser Stelle sogar Recht, wenn er das Losverfahren nicht als "alleiniges verpflichtendes Element" sieht. Markus Söder signalisiert da heute inhaltlich wohl schon die Bereitschaft zum Kompromiss. Denn bei einem so sensiblen Thema, dürfte auch ein Losverfahren auf wenig Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen.

Umgekehrt dürfte mit Blick auf die Krisenherde weltweit auch der SPD klar sein, dass Freiwilligkeit allein das Problem nicht lösen wird. Der Bundeswehr fehlt der Nachwuchs. Und das sollte das entscheidende Kriterium bei der Ausgestaltung des Gesetzes sein. Denn für den Dienst an der Waffe wird man kaum junge Menschen begeistern können, wenn die Politik keine klaren Signale sendet.

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