Unionsfraktionschef Jens Spahn hat die AfD-Spitze aufgefordert, Vorwürfe der Spionage für Russland aufzuklären. „Der Verdacht, im Bundestag für den Ex-KGB-Spion Putin zu spionieren, wiegt schwer“, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“ mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin. AfD-Parteichefin Alice Weidel müsse „umgehend und zweifelsfrei aufklären, welche Machenschaften es in ihrer Fraktion gibt“.

Abgeordnete seien dem deutschen Volk und seinem Wohl verpflichtet, sagte Spahn weiter. „Wenn parlamentarische Rechte stattdessen missbraucht werden, um ausländischen Diktatoren sicherheitsrelevante Informationen zu besorgen, ist das Verrat an unserem Vaterland.“ Der Verdacht werde durch zahlreiche Vorfälle in den Reihen der Partei genährt, die die „Putin-Nähe der AfD belegen“, so Spahn der „Rheinischen Post“.

Hintergrund ist der Vorwurf des thüringischen Innenministers Georg Maier (SPD), dass die AfD etwa in seinem Bundesland parlamentarische Anfragen gezielt missbrauche, um die kritische Infrastruktur in Deutschland auszuspähen – möglicherweise im Auftrag Russlands. Mehrere Innenexperten aus Bund und Ländern hatten ebenfalls diesen Verdacht geäußert. Die AfD selbst hat die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen.

SPD will Vorwürfe bei Verbotsverfahren berücksichtigen

Konkret hatte Maier dem „Handelsblatt“ gesagt: „Schon seit geraumer Zeit beobachten wir mit zunehmender Sorge, dass die AfD das parlamentarische Fragerecht dazu missbraucht, gezielt unsere kritische Infrastruktur auszuforschen.“ Auch auf Bundesebene gebe es zahlreiche parlamentarische Anfragen dieser Art. „Es drängt sich geradezu der Eindruck auf, dass die AfD mit ihren Anfragen eine Auftragsliste des Kremls abarbeitet.“

Nach Angaben des Ministers wurden allein in Thüringen in den vergangenen zwölf Monaten 47 entsprechende Anfragen gestellt. Betroffen seien etwa die Verkehrsinfrastruktur, die Wasserversorgung, die digitale Infrastruktur und die Energieversorgung. „Besonderes Interesse zeigt die AfD für polizeiliche IT und Ausrüstung, etwa im Bereich der Drohnendetektion und -abwehr“, sagte Maier der Zeitung. Auch die Ausstattung im Bevölkerungsschutz, im Gesundheitswesen und Aktivitäten der Bundeswehr seien Gegenstand von zahlreichen Anfragen. Die SPD will die Spionagevorwürfe gegen die AfD in einem möglichen Parteiverbotsverfahren berücksichtigen. Sie befürworte, den „landesverräterischen Aspekt“ bei einem möglichen AfD-Verbotsverfahren stärker zu prüfen, sagte die Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede, dem „Handelsblatt“ am Mittwoch. Der Staat müsse sich auch gegen die Einflussnahme fremder Mächte schützen.

CDU-Politiker sieht „krasse Indizien“

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Bundestag, Marc Henrichmann (CDU), regt an, aus den Spionagevorwürfen gegen die AfD Konsequenzen zu ziehen. Henrichmann sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) dazu: „Es gibt krasse Indizien dafür. Und wenn man es mit den Fragen rund um Alexej Nawalny zusammenlegt, wird das Bild rund.“

Und weiter: „Ich glaube fest, dass (Wladimir) Putin die AfD als willfähriges Werkzeug nutzt und die Führung – so sie es denn anders sähe – nicht die Kraft hat, diese Form des Verrats zu unterbinden.“ Die AfD hatte 2020 angezweifelt, dass der inzwischen gestorbene russische Regimekritiker vergiftet worden sei, und detaillierte Fragen zum Umgang mit ihm gestellt.

Auf die Frage nach etwaigen Schlussfolgerungen sagte Henrichmann: „Darüber reden wir. Aber in der Abwägung des freien Mandats und der Spionagevermutung kann das jedenfalls nicht mehr dazu führen, dass sensible Informationen AfD-Vertretern schriftlich zugestellt werden.“ Vorbild sei das PKGr, „wo die AfD aus der gleichen realen Befürchtung nicht gewählt werden konnte“. Das PKGr ist ein Gremium zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes.

AfD weist Vorwürfe als „Schwurbeleien“ zurück

Der stellvertretende AfD-Bundessprecher Stephan Brandner wies den Verdacht, seine Partei stelle im Bundestag und im Erfurter Landtag Parlamentarische Anfragen zu kritischer Infrastruktur im Auftrag Moskaus, als „Schwurbeleien“ zurück. In einem Interview mit WELT TV teilte Brandner mit, dass die AfD rechtliche Schritte gegen den Minister prüfe. Der AfD-Politiker: „Diese Schwurbeleien sollen Unsicherheit schüren und die AfD diskreditieren.“ Möglicherweise würden dadurch Straftatbestände „wie üble Nachrede oder Verleumdung“ verwirklicht. Brandner: „Das wird gerade geprüft.“

Brandner sagte, dass Themen der AfD-Anfragen wie Militärtransporte oder sensible Technologie für die Drohnenabwehr von nachrichtendienstlichem Interesse sein könnten. Aber Bundesregierung oder Landesregierungen hätten ja die Möglichkeit, aus Gründen der Geheimhaltung nicht zu antworten oder unter Geheimhaltungsstufen zu antworten. Brandner: „Die Antworten auf Kleine Anfragen sind nicht geheimnisvoll, sie werden ja veröffentlicht, da kann jeder reingucken.“

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