Die Hausdurchsuchung bei Publizist Norbert Bolz wegen eines Beitrags in den sozialen Medien sorgt für scharfe Kritik am Vorgehen der Ermittler. Der frühere Grünen-Politiker und Gründer der Denkfabrik Zentrum Liberale Moderne, Ralf Fücks, kommentierte im Online-Dienst X: „Wie bitte? Die taz titelt ‚Deutschland erwacht‘, Norbert Bolz kommentiert ‚Gute Übersetzung von Woke: Deutschland erwache!‘ und handelt sich eine Hausdurchsuchung ein? Ihr habt sie nicht mehr alle.“ Das sei Missbrauch der Justiz gegen die Meinungsfreiheit.

Auch Grünen-Politikerin Ricarda Lang verteidigte Bolz und kritisierte die Hausdurchsuchung. Sie halte Aussagen von Bolz zwar für „politisch komplett falsch“, nannte „solche Razzien“ aber „absurd“. „Und die so weitgehende Interpretation des Strafrechts bei Meinungsdelikten untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat“, schrieb sie bei X.

Der EU-Abgeordnete Fabio De Masi (BSW) schrieb bei X, nach allem, was über die Durchsuchung bekannt sei, sei diese „völlig unverhältnismäßig“ und erinnere „zunehmend an einen autoritären Einschüchterungsstaat“.

Und weiter: „Linke sollten gegen solche autoritären Tendenzen die Stimme erheben – und zwar gerade und auch dann wenn sie politisch Andersdenkende treffen! Ich finde das alles nicht mehr normal!“

Wie der Fall Bolz ins Rollen gebracht wurde

Bolz veröffentlicht bei WELT regelmäßig Debattenbeiträge und ist bei WELT TV zu Gast. WELT hatte die Durchsuchungen bekannt gemacht. Hintergrund ist laut Bolz‘ Anwalt Joachim Steinhöfel ein Tweet aus dem Januar 2024, in dem Bolz schrieb: „Gute Übersetzung von woke: Deutschland erwache!“

Bolz kommentierte den Einsatz auf der Plattform X mit den Worten: „Hausdurchsuchung wegen eines Posts. Junge, nette Polizisten, die mir abschließend den guten Rat gegeben haben, in Zukunft vorsichtiger zu sein.“

Dabei nahm Bolz Bezug auf einen Beitrag der linken Tageszeitung „Taz“ mit dem Titel „AfD-Verbot und Höcke-Petition: Deutschland erwacht“. Kurz nach der Veröffentlichung änderte die Zeitung offenbar den Titel des Beitrags, der heute mit „Raus aus der Ohnmacht“ überschrieben ist.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft kam der Hinweis von einer Meldestelle gegen Hetze in Netz. Diese habe die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet beim Bundeskriminalamt (BKA) informiert – und diese leitete den Fall dann wegen des Wohnorts von Bolz nach Berlin weiter. Von der Staatsanwaltschaft hieß es, weitere Auskünfte könnten „zum Schutz der Ermittlungen“ nicht erteilt werden.

Nach Informationen von WELT erhielt die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) des Bundeskriminalamtes (BKA) bereits am 27. November 2024 eine Meldung der Plattform „HessenGegenHetze“ zu dem Beitrag von Bolz. Bereits im sogenannten „Schwachkopf“-Prozess gegen einen bayerischen Rentner, der ein satirisches Meme über Wirtschaftsminister Robert Habeck geteilt hatte, ging der entscheidende Hinweis von „HessenGegenHetze“ aus.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.