Bei einer Großdemonstration streng religiöser Juden in Jerusalem gegen die Rekrutierung ultraorthodoxer junger Männer ist Medienberichten zufolge ein 15-Jähriger aus dem 20. Stockwerk eines Rohbaus in den Tod gestürzt.

Die Organisatoren der Kundgebung hätten andere junge Männer aufgefordert, von den oberen Stockwerken des Rohbaus herunterzukommen, berichtete die Zeitung „Times of Israel“. Sicherheitskräfte seien damit beschäftigt, mehr als ein Dutzend Demonstranten sicher aus dem Gebäude zu bringen.

Am Donnerstag gingen Hunderttausende ultraorthodoxe Juden in Jerusalem auf die Straße. Die Männer sangen, klatschten und hielten Schilder hoch, auf denen sie mitteilten, dass sie lieber ins Gefängnis gehen würden, als einer Wehrpflicht nachzukommen.

Eine Autobahn nach Jerusalem wurde angesichts des Protests geschlossen. Mehr als 2000 Beamte wurden stationiert. Der öffentliche Nahverkehr wurde gestoppt.

Anlass waren für nächste Woche angesetzte Diskussionen in einem israelischen Parlamentsausschuss über ein Gesetz zur Einführung der Wehrpflicht für die Ultraorthodoxen. Widerstand gegen den Gesetzentwurf kommt unter anderem von Netanjahus Partei.

Ultraorthodoxe Juden lehnen einen Einzug zum Militärdienst ab, weil sie ein religiöses Vollzeitstudium als ihre wichtigste Pflicht betrachten. Ihre Befreiung von der Wehrpflicht reicht bis ins Gründungsjahr Israels 1948 zurück.

Viele Israelis empfinden Befreiung von Wehrpflicht als ungerecht

Spaltungen in der israelischen Gesellschaft bezüglich der derzeitigen Befreiung ultraorthodoxer Juden von der Wehrpflicht stellen eine große Herausforderung für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dar.

Er ist für den Bestand seiner Regierung auf die Unterstützung ultraorthodoxer Parteien angewiesen. Deren Versuche, ultraorthodoxe Israelis per Gesetz dauerhaft von der Wehrpflicht zu befreien, könnten zum Sturz der Regierung führen.

Eigentlich stehen die nächsten Parlamentswahlen erst nächsten November an. Doch gilt es als wahrscheinlich, dass Netanjahu bereits innerhalb der nächsten Monate vorgezogene Wahlen ansetzen muss.

Während des jüngsten Gaza-Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas hat die Befreiung von der Wehrpflicht für die Ultraorthodoxen Ärger in der Gesellschaft hervorgerufen. Viele Israelis empfinden es als ungerecht, dass die steigende Zahl ultraorthodoxer Juden vom Dienst an der Waffe ausgenommen sind.

Seit dem Beginn des Kriegs im Oktober 2023 sind mehr als 900 Soldaten ums Leben gekommen. Viele Reservisten haben mehrere Einsätze absolviert. Das Militär hat auf einen Bedarf an weiteren Soldaten zur Verteidigung verwiesen.

„Das Ganze ist ein Plan, um uns daran zu hindern, unsere Religion zu behalten“, sagte der 65-jährige Ultraorthodoxe Ephraim Luff. „Wir verstehen, dass es sehr klar ist; es geht nicht darum, dass sie uns brauchen, es geht darum, dass sie uns vernichten wollen, was die Religion angeht.“

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