Nach seiner Einschätzung über die freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland wird Außenminister Johann Wadephul (CDU) innerhalb seiner Partei kritisiert. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte der „Bild“: „Die spontane Äußerung des Bundesaußenministers wird ganz offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen, wenn man ihr irgendeine Relevanz für die anstehenden und notwendigen Rückführungen nach Syrien geben wollte.“ Der syrische Bürgerkrieg sei vorbei und in weite Teile des Landes sei für die allermeisten ausgereisten Syrer eine Rückkehr zumutbar.
Der Zerstörungsgrad eines Landes sei als Argument gegen eine „freiwillige oder pflichtgemäße Rückkehr“ ungeeignet, sagte Krings. „Denn wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?“
Wadephul hatte nach einem Besuch im vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehrt. Ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich bisher nicht gesehen. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“, sagte der Minister bei einem Besuch in Harasta, einem noch immer schwer verwüsteten Vorort von Damaskus.
Die syrische Regierung schätze die in Deutschland ausgebildeten jungen Syrer. Sie könnten aber frei entscheiden, welchen Weg sie wählten. „Jeder, der bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt, integriert arbeitet“ sei weiterhin willkommen. Zu Rückführungen einzelner schwerer Straftäter sei das Ministerium mit dem syrischen Außenministerium in Kontakt, sagte er.
Sachsen-Anhalts CDU-Chef und Bundespräsidiumsmitglied Sven Schulze machte gegenüber der „Bild“-Zeitung deutlich, dass mit dem Ende des syrischen Bürgerkriegs der Fluchtgrund entfallen sei. „Somit muss jetzt ganz gezielt an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden“, forderte Schulze.
Ein in Teilen zerstörtes Land und schlechtere Lebensbedingungen als in Deutschland seien kein Grund, nicht an einer Rückkehrstrategie zu arbeiten, sagte Schulze. „Deshalb kann ich die Aussagen des Außenministers nicht nachvollziehen.“ Schulze ist in Sachsen-Anhalt Wirtschaftsminister und CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl im September kommenden Jahres. Er will dem scheidenden Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) nachfolgen. In Umfragen führt die AfD mit Werten um 40 Prozent, gefolgt von der CDU bei rund 26 Prozent.
Keine Syrien-„Erkundungsreisen“ für Flüchtlinge
Das Bundesinnenministerium von Alexander Dobrindt (CSU) hatte kürzlich entschieden, sogenannte „Erkundungsreisen“ für syrische Flüchtlinge nicht zu ermöglichen. Das bedeutet: Wenn sie in ihre alte Heimat reisen, riskieren sie ihren Schutzstatus. Die ehemalige Ampel-Regierung hatte überlegt, solche Erkundungsreisen zu ermöglichen, um eine mögliche Rückkehr vorzubereiten.
Droht nun unionsintern Zwist? CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hält die Debatte für eine Scheindebatte. „Das ist ein Scheinkonflikt“, sagte Linnemann am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“: Dobrindt und Wadephul seien der gleichen Meinung: „Wir schieben ab, wir müssen abschieben, natürlich die Straftäter.“
Auch Regierungssprecher Stefan Kornelius spricht bei „Bild“ von einem Scheinkonflikt. Die Bundesregierung arbeite an der schnellen Stabilisierung Syriens, um die Voraussetzung für die Rückkehr von Flüchtlingen zu schaffen. „Stabilisierung und Rückkehr sind zwei Seiten einer Medaille.“ Gleichzeitig sei es für die Bundesregierung „unzweifelhaft, dass schwere Straftäter abgeschoben werden sollen, so wie es der Außenminister in Damaskus auch klar gesagt hat.“
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