Wirbel um Johann Wadephul (CDU): Nach den Aussagen zur schwierigen Rückkehr von Syrern aus Deutschland in ihre Heimat äußert der Landesvorsitzende der Jungen Union Hessen, Lukas Brandscheid, die Amtstauglichkeit des Außenministers an. Wadephul falle wiederholt durch irritierende Äußerungen auf, sagte Brandscheid dem Deutschlandfunk. Es könne kein Dauerzustand sein, dass Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seinen Außenminister öffentlich korrigieren müsse.
Auf die Frage, was das für ihn konkret heiße, antwortete der hessische JU-Vorsitzende, das heiße konkret, dass Wadephul „aus unserer Sicht darüber nachdenken sollte, ob er in dieser Position noch der Richtige ist. Wer in dieser Art und Weise Unruhe in der Bundesregierung fabriziert und das zum wiederholten Male, hat augenscheinlich die politische Kraft für das Amt nicht mehr in der Souveränität inne, in der er sie eigentlich bräuchte“.
Merz gab seinem Parteikollegen am Mittwoch aber ausdrücklich Rückendeckung. Auch die SPD verteidigte den Minister gegen Kritik.
Merz-Sprecher: „Der Kanzler ist sehr zufrieden“
„Selbstverständlich steht der Bundeskanzler hinter dem Außenminister“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin. In der Sitzung der Unionsfraktion habe Wadephul am Vortag seine Position in der Frage der Rückkehr von Geflohenen nach Syrien klargemacht – und „der Kanzler ist sehr zufrieden, wie das Thema auch in der Fraktion transportiert wurde“.
Kornelius widersprach dem Eindruck, dass Wadephul wegen seiner unionsintern kritisierten Haltung zur Rückkehrfrage in der Fraktion unter Druck sei – in Medienberichten war sogar von verdeckten Rücktrittsforderungen an den Minister die Rede. Er habe selbst an der Fraktionssitzung teilgenommen und habe dabei „diese Wahrnehmung nicht entwickeln können“, sagte Kornelius.
In der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion am Dienstag hatte Wadephul erläutert, warum er eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Herkunftsland in größerem Umfang derzeit angesichts der Zerstörungen dort für schwierig halte. Die Rückkehr der Flüchtlinge nach Syrien ist aber erklärtes Ziel vieler Unionspolitiker. In der Sitzung rechtfertigte sich Wadephul nach WELT-Informationen auch mit dem Hinweis, die Situation in Syrien sei schlimmer als die in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die „Rheinische Post“ zitierte am Mittwoch wörtlich aus der Verteidigungsrede des Ministers vor der CDU/CSU-Fraktion. Demnach sagte Wadephul: „Und bitte, sowas muss auch eine CDU/CSU-Fraktion, sowas müssen wir auch sehen. Nicht umsonst hängt hier das Kreuz. Dass dieses auch Menschen sind, die unter Bedingungen leben, die sind mindestens so schlimm wie 1945. Und es ist nicht trivial, zu ihnen zu sagen: Ihr geht da wieder hin zurück.“
Den Vergleich mit der Lage 1945 in Deutschland machte sich der Bundeskanzler am Mittwoch ausdrücklich nicht zu eigen. Kornelius sagte, dass es dem Bundeskanzler „nicht ansteht, einen historischen Vergleich anzustellen“. Wadephul habe seine Äußerungen auch vor dem Hintergrund der Zerstörungen, die er vergangene Woche bei einem Besuch in Damaskus selbst erlebt habe, getätigt. „Sie wissen, wie es in großen Teilen Syriens aussieht – und welche Analogie einem dazu einfällt, ist anheimgestellt“, sagte Kornelius vor Journalisten.
Merz befürwortet Rückkehr von Syrern in ihre Heimat
Wadephuls Äußerungen fielen in Damaskus. Dabei sagte der CDU-Politiker über die freiwillige Rückkehr von Syrern: Ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich noch nicht gesehen. „Kurzfristig können sie nicht zurückkehren.“
Kanzler Merz hingegen machte deutlich, dass er die Rückkehr vieler Syrer in ihr Heimatland befürworte und auch erwarte. Kritisch kommentierte Regierungssprecher Kornelius den Versuch, einen Widerspruch in den Äußerungen Wadephuls und des Kanzlers zu sehen. „Es geht wirklich darum, dass wir hier von zwei Seiten einer Medaille sprechen“, sagte er.
Der Koalitionspartner SPD nahm Wadephul in Schutz. Der Außenminister stehe „für eine interessen- und wertegeleitete Außenpolitik, die über Parteigrenzen hinweg Anerkennung findet“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, dem „Spiegel“. „Der Außenminister genießt – ähnlich wie Verteidigungsminister Boris Pistorius – großes Vertrauen für seine Arbeit, sowohl in der Bevölkerung als auch im Parlament“, sagte der Sozialdemokrat.
Die CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union hingegen forderte mehr Klarheit in der deutschen Außenpolitik. „Nach den wiederholten Unklarheiten des Außenministers braucht es offenbar mehr Führung und strategische Koordination aus dem Kanzleramt“, sagte der nordrhein-westfälische JU-Landeschef Kevin Gniosdorz dem „Focus“. „Wer bei einem sensiblen Thema wie Rückführungen nach Syrien missverständlich kommuniziert, liefert Steilvorlagen für Verunsicherung.“
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