In Halle (Saale) haben am Samstag mehrere Demonstrationen gegen eine Veranstaltung auf dem Messegelände stattgefunden. Nach Polizeiangaben standen die Protest-Kundgebungen unter dem Motto „Rechte Buchmesse stoppen“. Insgesamt beteiligten sich rund 700 Menschen an den Protestaktionen.

Bereits am Vormittag fanden drei Kundgebungen und ein Aufzug von der Merseburger Straße bis zur Messestraße statt. Gegen 11 Uhr setzten sich etwa 30 Teilnehmer von der Demonstration ab und blockierten mit einer Sitzaktion kurzzeitig die Zufahrt zum Messegelände. Die Polizei räumte die Stelle mit Zwangsmaßnahmen in Form von Abdrängen einzelner Personen. Anschließend wurde die Blockade als separate Versammlung angemeldet und bis etwa 13 Uhr fortgeführt.

Während der Proteste leitete die Polizei sieben Ermittlungsverfahren ein – darunter vier wegen Körperverletzung, sowie je eines wegen Sachbeschädigung, Beleidigung und Verleumdung. Am Abend folgte ein weiterer Aufzug mit rund 85 Teilnehmern durch die nördliche Innenstadt, der ohne Zwischenfälle verlief. Nach Angaben der Behörden waren insgesamt etwa 350 Einsatzkräfte im Einsatz, darunter Unterstützung von der Polizei Berlin. Gegen 13.50 Uhr waren alle Protestaktionen beendet.

Bisher leitete die Polizei eigenen Angaben zufolge sieben Ermittlungsverfahren ein, darunter vier Körperverletzungsdelikte. Ein 38-jähriger Mann habe etwa im Bereich des Messegeländes den Grünen-Landtagsabgeordneten Sebastian Striegel angegriffen, der laut Polizei Schmerzen im Brustbereich davontrug.

Striegel berichtet von Faustschlag

Striegel habe sich als Demonstrationsbeobachter zwischen Demonstration und Veranstaltungsgelände hin- und herbewegt. Auf der Gegendemonstration habe sich eine bekannte rechte Influencerin mit ihren Begleitpersonen unter die Demonstranten gemischt und Filmaufnahmen gemacht, was von den Versammlungsteilnehmern lautstark abgelehnt worden sei. Unter ihren Begleitpersonen sei auch ein landesweit bekannter Rechtsextremer gewesen, der wie ein Security-Mann agiert habe.

Nachdem die Versammlungsleiter der Gegendemonstration die Polizei gebeten hatte, die Influencerin und die Begleiter um Verlassen der Demonstration zu bitten, sei es zu einem Gedränge gekommen. „Dabei kam es zu einem Faustschlag durch den Beschuldigten auf meine Brust“, sagte Striegel WELT. Er habe eine „leichte Verletzung“ davongetragen. Ob der Angriff auf ihn als Grünen-Politiker erfolgte oder er zufällig Ziel der Attacke wurde, könne Striegel nicht beurteilen, das müssten die Ermittlungen zeigen.

Die Veranstaltung nennt Striegel eine „krasse Mischung aus alten und neuen Neonazis, Personen aus dem rechten Spektrum und jeder Menge Verwirrten. Genau das war Ziel der Messe: den eigenen Wirkkreis über die extremistische Szene hinaus zu erweitern.“

Dresdner Buchhändlerin als Veranstalterin

Cornelia Lüddemann, Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, verurteilte den tätlichen Angriff auf Striegel, der sich demnach „in Ausübung seiner parlamentarischen Arbeit in Halle vor Ort befand.“ „Für den Angriff wurde das Privileg der Pressefreiheit missbraucht, um in die Versammlung gegen die rechte Buchmesse zu gelangen und dort rechte Gewalt ausüben zu können. Dieser Missbrauch kann und darf nicht hingenommen werden“, so Lüddemann.

Die Buchmesse „SeitenWechsel“ wurde von der Dresdner Buchhändlerin und Verlegerin Susanne Dagen ins Leben gerufen. Dagen hatte die Veranstaltung als „geistige Notwehr“ bezeichnet, da aus ihrer Sicht vor allem die großen Buchmessen in Frankfurt und Leipzig in den vergangenen Jahren „politisch immer enger“ geworden seien. Vor allem in Dresden ist Dagen politisch aktiv, sitzt dort als Mitglied der AfD-Fraktion im Stadtrat.

WELT-Autor Deniz Yücel, Sprecher der Autorenvereinigung PEN Berlin, hatte die Messe in der „Mitteldeutschen Zeitung“ als „sehr rechte bis rechtsradikale Buchmesse“ bezeichnet.

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