Er war deutscher Außenminister und Vizekanzler, nun wettert Joschka Fischer (Grüne) gegen die Europäische Union. Bei einem Auftritt an der Berliner Freien Universität (FU), über den unter anderem der „Merkur“ berichtet, zeigt sich der mittlerweile 77-Jährige konsterniert über Europas schwindende Bedeutung in der globalen Welt.

„Ich bin sehr besorgt, dass unsere Zukunft extrem finster sein wird“, zitiert auch „Bild“ aus dem Vortrag des Grünen-Politikers, der mittlerweile Politik- und Unternehmensberatung anbietet, als Redner gebucht werden kann und Buchautor (zuletzt „Die Kriege der Gegenwart und der Beginn einer neuen Weltordnung“) ist.

Der Auftritt am 7. November war der Erste in der neu konzipierten Gesprächsreihe „Europaeum Annual Lecture“, die diesmal unter der Überschrift „Die neue globale Unordnung – Europas Zukunft in einer zersplitterten Welt“ stand. Hauptrednerin war die einstige EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Fischer saß bei der anschließenden Diskussion auf dem Podium, und gab sich meinungsstark.

Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Zeit sei die Brüsseler Institution zu bürokratisch, zu zögerlich und auch zu zerstritten, sagte er beispielsweise. Sein Fazit: „Wir Europäer sind den Herausforderungen nicht gewachsen.“ Fischer teilte den Medienberichten zufolge auch in Richtung der EU-Bürokraten aus: „Diese Bla-bla-Institutionen – sie machen mich krank. Sie sind ein Zeichen von Schwäche.“ Seit Kriegsende 1945 habe Europas politische Repräsentanz noch nie ein so schlechtes Bild abgegeben, und das in einer prekären Lage: Die Bedrohung durch Russland sei real, die USA als Schutzmacht jedoch nicht mehr verlässlich.

Joseph „Joschka“ Fischer wurde 1983 erstmals in den Deutschen Bundestag gewählt, von 1998 bis 2005 war er unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Außenminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland. In diese Zeit fiel auch die EU-Osterweiterung und der Beitritt von zehn neuen Ländern, darunter Polen, Tschechien und die baltischen Staaten. Unter seiner Führung stimmte die Grünen-Partei 1999 dem NATO-Einsatz im Kosovo zu.

Seitenhieb auf Friedrich Merz

Auch nach seinem Rückzug aus der Politik machte er sich stark für EU und ihre Institutionen. Umso bemerkenswerter nun seine Fundamentalkritik. Das Einzige, worauf sich die EU noch verlassen könne, sei ihr Reichtum, führte Fischer laut „Merkur“ weiter aus. Doch der helfe auch nur bedingt: „Wir wirken nach außen reich, schwach und alt – und jeder weiß, wer reich, schwach und alt aussieht, sollte sich nicht in dunkle Gassen wagen.“

Dennoch gelte weiterhin, dass Europa der „letzte Zufluchtsort der liberalen Weltordnung“ sei und auch bleiben müssen. Dafür jedoch müsse sich der Kontinent besser schützen, so Fischer mit Blick auf die Wehrpflicht- und Wiederbewaffnungsdebatte. Einen kleinen Seitenhieb auf die regierende Koalition konnte er sich den berichten zufolge dann aber nicht verkneifen. „Wir brauchen jemanden wie Adenauer“, sagte er, um dann noch nachzuschieben: „Wir haben nur Friedrich Merz – und der ist kein Adenauer.“

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