Donald Trump setzt die Ukraine unter Druck. Bis Donnerstag gibt er dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj Zeit, um auf den 28 Punkte umfassenden Friedensplan zu reagieren. Der überfallene Staat müsste sich dazu verpflichten, seine Armee zu verkleinern, östliche Gebiete an Russland abzutreten und ihr Ziel einer Nato-Mitgliedschaft aufzugeben. Dafür bleibe die Ukraine ein souveräner Staat, der sich der Europäischen Union anschließen dürfe. Ein Nichtangriffsabkommen solle zwischen Europa, der Ukraine und Russland gelten.
Hierzulande stieß der Entwurf auf teils heftige Ablehnung. Der Plan sei „ein von Putin diktierter Unterwerfungsversuch“, beanstandete die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner auf X. „Der sogenannte ‚Friedensplan‘ der USA wäre ein irrer Diktatfrieden, der die Nato zerstören würde, ihr vorschreiben will, wer Mitglied zu sein hat und wer nicht, und der einzig und allein den Kriegsverbrecher Russland belohnen würde“, bestätigte FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Er ist völlig inakzeptabel und gefährdet die Sicherheit weiterer Länder in Europa. Es wäre jetzt an der Bundesregierung, endlich Haltung zu zeigen.“
Für den ehemaligen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, sei der Friedensplan „diabolisch“, weil er so vernünftig klinge. Die Ukraine müsse lediglich auf Gebiete und die Nato-Mitgliedschaft verzichten. „Und schwups können wir weitermachen so wie früher. Aber: auch Russland wird weitermachen.“ Roderich Kiesewetter nannte den US-amerikanisch-russischen Vorschlag auf X einen „Kapitulationsplan“. „Trump weiß das – er steht auf der Seite Russlands, ganz offensichtlich“, versicherte der CDU-Politiker. Europa und die Ukraine müssten nun einen „Siegesplan“ entwickeln. „Wir müssen siegen wollen.“
Publizist und Grünen-Politiker Ralf Fücks zog eine historische Parallele zum Münchner Abkommen von 1938, im Zuge dessen sich Adolf Hitler mit Neville Chamberlain, Édouard Daladier und Benito Mussolini über die Köpfe der Tschechoslowaken hinweg darauf verständigt hatte, das Sudetenland an Deutschland abzutreten.
„Die Trump-Administration setzt der Ukraine die Daumenschrauben an. Sie soll einem Diktatfrieden zustimmen, der fast 1:1 den russischen Forderungen entspricht“, betonte der Autor. „Das Abkommen wäre nicht nur ein schwerer Schlag für die Ukraine; es gefährdet die europäische Sicherheit. Wenn die europäischen Staaten dieses Diktat schlucken, unterschreiben sie ihre politische Bankrotterklärung.“
US-Vizepräsident J.D. Vance wischte unterdessen die Kritik am Friedensplan beiseite. „Es herrscht die Illusion, dass der Sieg zum Greifen nah sei, wenn wir nur mehr Geld, mehr Waffen oder mehr Sanktionen einsetzen“, schrieb der Republikaner auf X. „Frieden wird nicht von gescheiterten Diplomaten oder Politikern in einer Fantasiewelt geschaffen.“ Eine Haltung, für die auch hierzulande ein Publikum existiert. Der designierte BSW-Vorsitzende Fabio De Masi stimmte Trumps Vize umgehend zu.
De Masis Parteikollegin Amira Mohamed Ali nahm gleichfalls die Kritiker ins Visier. Mit Bezug auf Kanzleramtschef Thorsten Frei, der bei N-TV von einem „Ergebnis, das nicht akzeptabel wäre“, gesprochen hatte, warf sie der Bundesregierung vor, sie habe „offenbar Angst, dass ihr Narrativ ‚Bedrohung Deutschlands durch Russland‘ zusammenbrechen könnte“. In diesem Fall würden Fragen laut, weshalb Schwarz-Rot „den Sozialstaat zugunsten von Rheinmetall und Blackrock“ plündere.
Vonseiten der AfD erfolgte ebenfalls Unterstützung. „Trump wird das Blutvergießen beenden“, zeigte sich EU-Parlamentarier Petr Bystron zuversichtlich. Für die Europäische Union verbleibe nur die Rolle als „stimmloses Zahlschwein“. Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, warf der Regierung von Friedrich Merz vor, den Friedensprozess zu sabotieren und sich mit ihrem „Eskalationskurs“ selbst ins Abseits zu begeben.
Neben Merz sprach Chrupalla von „führenden Politikern der EU-Staaten“, die angeblich auf eine Fortführung des Krieges bestünden. Damit dürfte er auch den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk im Sinn gehabt haben, der sich daran störte, dass der Friedensplan auch seinem Staat Vorgaben mache. „Europäische Kampfflugzeuge werden in Polen stationiert“, lautet Punkt neun des Entwurfs. „Alle Entscheidungen, die Polen betreffen, werden von Polen getroffen“, insistierte dazu der AfD-Chef. Und auch die Ukraine müsse in alle Verhandlungen einbezogen werden.
Die polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ warf der US-Regierung vor, angesichts des Epstein-Skandals und sinkender Umfragewerte einen „durchschlagenden Erfolg“ zu benötigen. Dabei machten sie sich zunutze, dass Selenskyj wegen des jüngsten Korruptionsskandals unter Druck stehe. „Wird dieser Schachzug funktionieren? Das ist schwer vorstellbar, denn dieser Plan ist für die Ukraine schlichtweg inakzeptabel“, bewertete die als proeuropäisch auftretende Zeitung. „Die Europäer hingegen haben bereits bewiesen, dass sie die Ukraine wirksam vor amerikanischem Druck schützen können.“
„Europa muss gegen jeden Versuch eines Verrats vorgehen“
Die US-Regierung säe „erneut Angst und Verwirrung“ unter den Ukrainern und Europäern, beanstandete die niederländische Zeitung „de Volkskrant“. Ohne die Vereinigten Staaten drohe der Konflikt „blutiger und ungewisser“ zu werden. „Den Europäern ist einmal mehr klargemacht worden, dass sie für ihre Sicherheit selbst aufkommen müssen.“
Auch die spanische Zeitung „El País“ sah Europa am Zug. „Es ist Aufgabe der Union – und anderer Verbündeter wie Großbritannien und Kanada –, alle ihre diplomatischen Ressourcen zu aktivieren“, forderte die größte Tageszeitung des Staates, „damit Washington zur Vernunft kommt und vor allem, damit sich die Ukraine bei den Verhandlungen über ihre Zukunft wieder unterstützt fühlt.“
Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangen britische Medien. „Europa, das durch den russischen Expansionismus am meisten zu verlieren hat, muss geschlossen gegen jeden Versuch eines Verrats vorgehen. Frieden, ja. Aber nicht zu einem Preis, den Putin bestimmt“, konstatierte „The Times“.
Eindringlich warnte „The Telegraph“ vor einem künftigen Krieg, der ganz Europa „mitreißen“ würde. „Angesichts einer stark geschwächten Ukraine würde Putin mit ziemlicher Sicherheit zurückkommen und eine dritte Invasion starten, um seinen Nachbarstaat ein für alle Mal von der Landkarte zu tilgen“, befürchtete die Tageszeitung. „Und wenn er dieses Ziel erreicht, wäre sein nächster Schritt wohl ein Angriff auf einen europäischen Nato-Verbündeten.“
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