- Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnt angesichts steigender Ausgaben vor einem Kollaps des Rentensystems.
- Grimm gehört zu den 22 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in einem Appell an die Bundesregierung fordern, das Rentenpaket zurückzuziehen.
- Der CDU-Rentenexperte Kai Whittaker lehnt die Forderung der Ökonomen ab und verweist auf die Rentenkommission.
Vor dem Hintergrund des Streits um das Rentenpaket der schwarz-roten Koalition hat die Wirtschaftsweise Veronika Grimm vor einem Kollaps des Rentensystems gewarnt. Sie sagte MDR AKTUELL, die Bundesregierung erhöhe mit dem Paket die Rentenausgaben weiter und stelle den Staat damit vor ein nicht lösbares Problem. Schon im kommenden Jahrzehnt drohe die Tragfähigkeit des Systems wegzubrechen.
Stattdessen müsse der Ausgabenanstieg dringend gedämpft werden. Grimm betonte, zu Beginn der Rentenversicherung hätten fünf Erwerbstätige einen Rentner finanzieren müssen. Inzwischen liege das Verhältnis bei 2,5 zu eins und drohe sich weiter zu verschlechtern. Sie kritisierte zudem, es sei unverantwortlich, dass die politischen Spitzen aus der Rentenreform eine Machtfrage machten.
Ökonomen fordern Rentenpolitik "mit langem Atem"
Veronika Grimm gehört zu den 22 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in einem Appell an die Bundesregierung fordern, das Rentenpaket zurückzuziehen. "Für Stabilität, Verlässlichkeit und Vertrauen braucht es eine Rentenpolitik mit langem Atem, die berechenbar und fiskalisch nachhaltig ist", heißt es in dem Aufruf.
Unterschrieben haben neben Grimm auch der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer und Jörg Rocholl, der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium. Sie kritisieren vor allem, dass die Haltelinie für das Rentenniveau und die geplante Ausweitung der Mütterrente die öffentlichen Finanzen erheblich belasteten.
CDU-Politiker Whittaker lehnt Stopp des Rentenpakets ab
Der CDU-Rentenexperte Kai Whittaker lehnte die Forderung, das Paket zu stoppen, jedoch ab. Er verwies im MDR auf die Rentenkommission, die im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnehmen und das Rentensystem grundlegend überarbeiten soll.
Diese müsse angesichts des demografischen Wandels und der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz sehr viel grundsätzlicher denken. Ein bisschen weniger Rentenniveau und ein bisschen länger arbeiten reichten nicht. Whittaker plädierte etwa für eine kapitalgedeckte Altersvorsorge für alle.
Koalition streitet weiter über die Rente
Hintergrund ist, dass Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart hatten, die Haltelinie beim Rentenniveau, also dem Verhältnis von Renten zu Löhnen und Gehältern, bei 48 Prozent bis 2031 zu verlängern. Der nun vom Kabinett beschlossene Rentengesetzentwurf geht jedoch weiter: Dort ist außerdem vorgesehen, dass auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll.
Junge Unionsabgeordnete kritisieren das, während die SPD auf dem vom Kabinett beschlossenen Entwurf beharrt. Union und SPD sind für eine eigene Mehrheit im Bundestag aber auf Stimmen der Jungen Gruppe der Union angewiesen.
Zu dem Paket, das zum 1. Januar in Kraft treten soll, gehören außerdem eine ausgeweitete Mütterrente, die geplante Frühstartrente, wonach Kinder ab dem sechsten Lebensjahr pro Monat zehn Euro vom Staat für ein Altersvorsorgedepot bekommen sollen, die Aktivrente mit steuerfreiem Zuverdienst von bis zu 2.000 Euro im Monat für Rentner, eine Betriebsrentenstärkung und die Reform der Riester-Rente.
MDR/dpa/AFP (mze)
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