Linken-Chefin Ines Schwerdtner hat sich hinter die Proteste gegen die Gründung des neuen AfD-Jugendverbands in Gießen am Wochenende gestellt. Hier habe sich „der rechte Nachwuchs des parlamentarischen Faschismus in Deutschland“ formiert, sagte Schwerdtner in Berlin. „Der Protest war absolut legitim.“

Einige Bilder und Berichte aus Gießen hätten sie schaudern lassen, fügte Schwerdtner hinzu. Polizisten seien in einzelne Blockaden mit Schlagstöcken hineingegangen. „Wir halten diese Polizeigewalt für absolut unangemessen“, sagte sie. Sie erwarte Aufklärung vom Polizeipräsidenten in Gießen und allen Beteiligten sowie die Einsetzung einer unabhängigen Kommission.

Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte gesagt, bei den Protesten seien mehr als 50 Polizisten verletzt worden. Schwerdtner sagte auf die Frage, ob sie sich von linker Gewalt distanziere: „Ich distanziere mich vor allem davon, wenn es überhaupt dort zu Ausschreitungen gekommen ist.“ Von wem Gewalt ausgegangen sei, solle die geforderte Kommission klären.

Parteimitglieder der Linken hätten sich an einem „breiten, friedlichen Protest“ beteiligt. Deshalb „muss ich mich überhaupt von nichts distanzieren, was da meine Parteimitglieder getan hätten“.

Parteimitglieder der Linken hätten sich an einem „breiten, friedlichen Protest“ beteiligt

Bei den verletzten Polizisten seien keine schweren Verletzungen gewesen, sagte Poseck zwei Tage nach dem Großeinsatz. Es habe Schläge, Tritte und Böllerwürfe gegen Polizisten sowie Handbrüche gegeben.

„Dieses Wochenende in Gießen hinterlässt einen faden Beigeschmack“, sagte Poseck. Auf der einen Seite hätten Tausende für die Demokratie und Werte demonstriert. Auf der anderen Seite habe es aber auch ein sehr erhebliches Gewaltpotenzial gegeben, das sich auch entladen habe.

Auch Demonstranten hätten Verletzungen erlitten. Jedoch lägen derzeit keine belastbaren Daten vor. Mutmaßlich sei es eine zweistellige Zahl, kleiner als 50. Poseck zufolge gab es drei Festnahmen, fast 200 Identitätsfeststellungen und eine Vielzahl an Durchsuchungen. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) waren rund 1000 gewaltbereite Personen nach Gießen gekommen.

„Gießen hat nicht gebrannt, sondern geleuchtet – durch die vielen Augen derer, die auf die Straßen gegangen sind und fröhlich und friedlich ihre Unterstützung unserer Demokratie gefeiert und ihrer Sorge vor einem Rechtsruck Ausdruck verliehen haben“, lautete hingegen das Fazit von Gießens Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD).

Die hessische Linke hatte zuvor schon kritisiert, dass von der hessischen Landesregierung antifaschistischer Protest kriminalisiert werde. Der Einsatz von Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken sei nicht verhältnismäßig. „Das muss aufgearbeitet werden“.

Die GdP und die Landesregierung weisen dies zurück. Wie sich auch in Gießen gezeigt habe, schützten Polizeibeamte Grundrechte, sichern Versammlungen und greifen ein, wenn aus Worten Gewalt wird, sagte der GdP-Landesvorsitzende Jens Mohrherr. Vorwürfe, es sei Festgenommenen der Kontakt zu Anwälten verweigert worden, seien nach seinem Kenntnisstand falsch, sagte Poseck.

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