Bereits vor Monaten hat sich die AfD außenpolitisch neu sortiert, ihren Fokus nicht zuletzt auf die USA gelegt – und Verbindungen nach Washington geknüpft. Erste Erfolge zeigten sich, als US-Außenminister Marco Rubio die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ als „getarnte Tyrannei“ verurteilte. Vizepräsident J.D. Vance kritisierte die Bemühungen anderer Parteien, die AfD zu isolieren. Auch MAGA-Verbündeter Elon Musk zeigte sich als entschiedener Unterstützer der Partei. Donald Trumps Umfeld scheint die AfD bereits fest im Auge zu haben.
Die neue Nähe wird in Kürze erneut deutlich werden. In New York City findet am 13. Dezember die jährliche Gala des New York Young Republican Club statt, an der auch Abgeordnete der US-Republikaner teilnehmen werden. Ebenfalls zu Gast: Markus Frohnmaier, der außenpolitische Sprecher der AfD. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Politico“, das wie WELT zum Axel-Springer-Verlag gehört, wird er bei dem Event als Ehrengast empfangen – und ausgezeichnet werden.
Erst im August hatte der umstrittene Club eine Erklärung veröffentlicht, in der er zu einer „neuen bürgerlichen Ordnung“ in Deutschland aufrief. In einer Stellungnahme gegenüber „Politico“ begründete die Gruppe die Einladung Frohnmaiers damit, dass die AfD ein Vorbild im Kampf gegen die politische Linke sei. Frohnmaier sei „eine bedeutende Persönlichkeit“ und der führende Vertreter der AfD für Außenbeziehungen.
„Zutiefst besorgniserregend“ findet die Ehrung Frohnmaiers hingegen Todd Gutnick, Sprecher der Anti-Defamation League (ADL), eine amerikanische Organisation, die gegen die Diskriminierung von Juden eintritt. „Die deutsche AfD hat eine bedrückende Geschichte, die antisemitische und fremdenfeindliche Rhetorik einschließt. Die AfD hat die antisemitische ‚Großer-Austausch‘-Verschwörung übernommen, und ihre derzeitige Vorsitzende Alice Weidel hat Deutschlands Engagement für die Erinnerung an den Holocaust als ‚Schuldkult‘ bezeichnet.“
Frohnmaier reagierte ebenfalls mit einer Stellungnahme gegenüber „Politico“ und sagte: „Ich weise die Behauptung, wir würden antisemitische oder fremdenfeindliche Rhetorik nutzen, kategorisch zurück.“ Er betonte seine starke Unterstützung für Israel. Die Darstellung der ADL über „die historische Verantwortung unseres Landes“ sei „unzutreffend“. „Wir stehen für ein verantwortungsvolles, umfassendes Gedenken, das sowohl das dunkelste Kapitel als auch die positiven Leistungen unseres Landes berücksichtigt“, sagte er. „Ich glaube, Deutschland braucht gerade in diesem Bereich keine Belehrungen von Ausländern.“
Dass Frohnmaier ausgerechnet auf der Veranstaltung der New York Young Republicans ausgezeichnet wird, hat einen Beigeschmack. Der Stadtverband liegt seit Langem im Streit mit seinem Schwesternverband, den inzwischen aufgelösten New York State Young Republicans, dessen rassistische Äußerungen in Gruppenchats „Politico“ enthüllt hatte.
In den Chats fantasierten Gruppenmitglieder darüber, Gegner in Gaskammern zu stecken und Feinde zu verbrennen; außerdem machten sie Witze über ihre Liebe zu Hitler.
Während der Landesverband daraufhin vom New York Republican State Committee aufgelöst wurde, bleibt der Stadtverband laut Website weiterhin von der Young Republican National Federation anerkannt.
Im August veröffentlichte der New York Young Republican Club eine lange Erklärung mit dem Titel „It’s Time for a New Civic Order in Germany“ („Es ist Zeit für eine neue bürgerliche Ordnung in Deutschland“) zur Unterstützung der AfD. Die Erklärung endete mit dem fettgedruckten Satz „AfD über alles“, eine Anspielung auf die Zeile „Deutschland über alles“, die oft in NS-Propaganda verwendet wurde.
Louise Davidson-Schmich, Politikwissenschaftlerin an der University of Miami und Expertin für deutsche Politik, sagte, sie halte „AfD über alles“ für „eine sehr besorgniserregende Formulierung“. „Es ist sicherlich ein Ausdruck, der klar mit der NS-Zeit verbunden ist“, sagte sie. „Ich weiß nicht, was die New York Young Republicans über den deutschen Kontext wissen, aber wenn man diesen Ausdruck verwenden würde, wäre das in Deutschland äußerst problematisch.“
Der Club verteidigte den Gebrauch des Ausdrucks gegenüber „Politico“: „Weder die erste Strophe des Deutschlandlieds noch der Ausdruck ‚Deutschland über alles‘ sind in Deutschland verboten“, erklärte der Club. „Das Deutschlandlied stammt aus einer Zeit lange vor dem Nationalsozialismus, und jede Behauptung, unser Gebrauch habe den Nationalsozialismus beschworen, ist schlicht falsch.“
Das Southern Poverty Law Center, eine Bürgerrechtsorganisation, erklärte gegenüber „Politico“, die Einladung Frohnmaiers sei „ein weiteres Beispiel für Versuche, die extreme Rechte in der US-Politik zu mobilisieren“.
„Die AfD verbreitet nicht nur anti-migrantische und anti-islamische Ideen und Politik, sondern bedient sich auch Taktiken direkt aus der NS-Zeit — einschließlich antisemitischer Handlungen ihrer Mitglieder und der Verwendung nationalsozialistischer Parolen“, sagte Seth Levi, Strategiechef der Organisation.
Die New York Young Republicans erregten bereits vor zwei Jahren Aufmerksamkeit, als sie neben dem damaligen Ex-Präsidenten Donald Trump bei ihrer jährlichen Gala auch den Generalsekretär der österreichischen FPÖ und Verbündete des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, darunter dessen politischer Direktor, zu Gast hatten.
Gala-Tickets für Nichtmitglieder kosten zwischen 799 und 30.000 Dollar. Bei dem Event wird die Frauensportlerin und Anti-Trans-Aktivistin Paula Scanlan geehrt werden, dazu der Hardliner Jack Posobiec sowie die lokalen New Yorker Politiker Michael Tannousis, Frank Morano, David Carr und Inna Vernikov.
Eine übersetzte Version dieses Artikels erschien in „Politico“, das wie WELT zum Axel-Springer-Verlag gehört.
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